Effektive Ansätze, um die Corona-Krise zu bewältigen — und die Medien, die darüber berichten
Seit Wochen hält Corona die Welt in Atem. Aus dem Virus, das Ende letzten Jahres im chinesischen Wuhan zum ersten Mal auftrat, ist innerhalb weniger Monate eine Pandemie geworden. Ein globales Problem, das alle trifft, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Corona-Krise, sie dominiert die Medien. Was wir brauchen, sind effektive Ansätze, um die Krise zu bewältigen — und Medien, die über diese Ansätze berichten.
Lösungsjournalismus (oder: Solutions Journalism) ist die gründliche und fesselnde Berichterstattung über Antworten auf gesellschaftliche Probleme.
Wir alle sind auf der Suche nach Strategien, mit dem Coronavirus und seinen Folgen bestmöglich umzugehen. Warum also nicht von anderen lernen, was funktioniert — und auch, was nicht funktioniert. Seit 2013 fördert das Solutions Journalism Network Redaktionen und Journalist*innen darin, über Lösungsansätze zu berichten. Wenn lösungsorientierter Journalismus gut gemacht ist, dann kann uns die Berichterstattung hilfreiche Erkenntnisse darüber liefern, wie die Gesellschaft ernsthafte Probleme wirksam angehen kann. Und Covid-19 ist ein ernsthaftes Problem.
Guter Lösungsjournalismus sollte vier Qualitätsmerkmale beachten:
1. Der Ansatz und welches Problem er versucht zu lösen stehen im Vordergrund der Geschichte. 2. Die Berichterstattung beschreibt nicht die Intentionen, sondern die Wirksamkeit eines Lösungsansatzes und führt vorhandene Daten darüber an, wie effektiv der Ansatz in der Praxis funktioniert. Gerade wenn ein Lösungsansatz neu ist–was derzeit häufig der Fall ist–gibt es wenig Informationen dazu, wie effektiv der Ansatz wirklich ist. Darum ist es besonders wichtig über 3. die Grenzen eines Lösungsansatzes zu berichten und ihn nicht als ultimative Lösung zu verkaufen (denn die gibt es gar nicht). Und 4. sollte guter Lösungsjournalismus Erkenntnisse teilen, die andere nutzen können.
Negative Nachrichten dominieren die Medien. Das war auch schon vor Corona so. Aber es wird auch immer wieder darüber berichtet, wie Menschen auf Probleme reagieren und mit ihren Ansätzen Erfolg haben. Um diese Berichterstattung zu sammeln, hat das Solutions Journalism Network vor einigen Jahren den Solutions Story Tracker® gestartet, eine Datenbank für Lösungsartikel, die von einem Team zusammengestellt wird. Darin sind mittlerweile fast 9.000 Lösungsartikel von über 1.000 verschiedenen Medien zu finden. Über 500 dieser Geschichten berichten über den effektiven Umgang mit Corona. Bisher erfasst der Solutions Story Tracker® nur englischsprachige Berichterstattung.
#1 Die Kurve abflachen
In diesen Lösungsgeschichten geht es darum, wie das Virus in seiner Ausbreitung und in seinen gesundheitlichen Auswirkungen effektiv eingedämmt werden kann.
Sharon Welzel hat für NDR Info darüber berichtet, wie Italien Ersatzteile für Beatmungsgeräte im 3-D-Drucker druckt — und sich angeschaut, ob das auch in Deutschland funktionieren könnte.
Greame Maxton hat für Perspective Daily darüber geschrieben, dass Taiwan gut auf das Virus vorbereitet war und darum schnell und effektiv reagieren konnte — aber dass damit auch tief in das Leben der Bürger*innen eingegriffen wird.
Stefan Lakeband hat für den Weser-Kurier darüber berichtet, wie ein Bremer Unternehmen ein Gewebe entwickelt hat, das Coronaviren abtötet — und dessen Wirksamkeit bereits in Studien getestet worden ist.
- “Bremer Firma entwickelt Gewebe, das Coronaviren abtötet” von Stefan Lakeband für Weser-Kurier
Alle Artikel zu “Die Kurve abflachen” gibt es hier
#2 Gemeinsam durch die Krise
Für viele Menschen ist Corona eine Krise. Ausgangsbeschränkungen und soziale Isolation gefährden die mentale Gesundheit, Arbeitsplätze und die Versorgung von Menschen mit notwendigen Gütern. In diesen Lösungsgeschichten geht es darum, dass vor allem eine Sache dabei hilft, nicht den Anschluss zu verlieren: das Internet.
Ann-Kathrin Hipp hat für den Tagesspiegel darüber berichtet, wie die Anonymen Alkoholiker ihre Treffen ins Internet verlegt haben und warum man sich selbst hilft, wenn man anderen eine Hilfe ist.
Lisa Hänel hat für DW über europäische Hackathons geschrieben, in denen Menschen im Netz zusammengekommen sind, um digitale Lösungen für unsere Corona-Probleme zu finden und welche Erwartungen man an diese Ideen haben darf.
Maximilian Brose hat für den Tagesspiegel darüber geschrieben, wie Corona die Telemedizin angeschoben hat — aber das die technischen Anforderungen auch schnell zu Herausforderungen werden können.
Alle Artikel zum Thema “Gemeinsam durch die Krise” gibt es hier
#3 Soziale Nähe trotz räumlicher DistanzWer kann, bleibt in diesen Tagen zu Hause, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Wer nach draußen muss, hält mindestens 1,5 Meter Abstand. Räumliche Distanz ist ein Muss — doch diese Lösungsgeschichten zeigen, wie soziale Nähe trotzdem gelebt werden kann.
Michaela Haas schreibt für das SZ Magazin über verschiedene Ideen, älteren Menschen durch die Zeit der sozialen Isolation zu helfen — und wie diese Ansätze in anderen Teilen der Erde repliziert werden.
Stella Könemann und Stefanie Fleischmann berichten für das ZDF darüber, wie Not erfinderisch macht und mit welchen Ideen sich Menschen durch die Krise helfen, wenn die Ladentür geschlossen bleibt. Der Clou: die Protagonist*innen haben sich selbst gefilmt.
Félice Gritti hat für Zeit Online über Nachbarschaftshilfen berichtet und wie man damit umgeht, wenn man mehr Engagierte hat als Menschen, die Hilfe benötigen.
Alle Artikel über “Soziale Nähe trotz räumlicher Distanz” gibt es hier.
Selbst darüber berichten, was funktioniert?
Das Solutions Journalism Network bietet viele kostenfreie Ressourcen für Journalist*innen und Redaktionen an, um ihre Berichterstattung über Lösungsansätze zu stärken. Einige allgemeine Ressourcen darüber was Lösungsjournalismus ist, was er nicht ist und wie man ihn am besten umsetzt, sind auch auf Deutsch verfügbar. Das Herzstück ist ein Selbstlernkurs, das 1x1 des Lösungsjournalismus. Tipps und Tricks wie man speziell über das Thema Coronavirus aus der Lösungsperspektive berichtet, gibt es hier (auf Englisch).