Kai Gniffke muss einen stressigen Arbeitsalltag haben, hat er seinen Job als Vorsitzender der ARD doch in einem der kritischsten Momente des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) überhaupt aufgenommen. Der Skandal um Patricia Schlesinger hat eine breitere Debatte um den Umgang mit Geldern aus dem Rundfunkbeitrag losgetreten, die in rechtspopulistischen Kreisen schon seit langem schwelt. Dazu kommt eine seit Ende 2021 nur kaum kontrollierbare Inflation, die das weitgehend gleich bleibende Budget des ÖRR sukzessive schrumpfen lässt.
Es fehlt also an Geld und auch an Vertrauen und ausreichendem Rückhalt, um noch mehr einzufordern. Dabei bräuchte es doch gerade jetzt Investitionen in Innovation - ein neues, tragfähiges Modell für den ÖRR der Zukunft. Nun liegt es an dem neuen Mann an der Spitze, zumindest die ARD in die Zukunft zu führen. Dafür hat er große Pläne: Mehr Kooperation mit dem ZDF, ein umfassendes Streaming-Angebot, mehr Digitalisierung insgesamt und vielleicht auch Konzessionen an den freien Markt.
Gniffke scheint allerdings nicht sonderlich stressresistent. Bei einem Roundtable des ZAPP - Das Medienmagazin unter dem Titel "Zu teuer, zu groß, zu einseitig? Die Zukunft der ARD" wurde das schon nach exakt 3.35 Minuten klar. Eine gute Dreiviertelstunde später wurde er endgültig unwirsch. Der Anlass? Eine Frage nach seinem Jahresgehalt 1, rund 360.000 Euro und damit ähnlich viel wie das des Bundeskanzlers, wie Ko-Moderator Tilo Jung anmerkte.
Er könne dazu nichts sagen, gab Gniffke zurück, darüber entscheide sein Verwaltungsrat. Eben jener, das fügte er doch hinzu, könne allerdings "erwarten, dass da jemand ist, der sich das letzte Hemd dafür zerreißt, dass wir beim Publikum sind, dass ich bei 5.000 Mitarbeitenden bin." Nun entspricht ein geplatzter Kragen noch keinem zerrissenen Hemd und wie publikumsnah solche Auftritte Gniffke machen, wird in den Kommentarspalten ausgehandelt.
Interessant allerdings war der nachgeschobene Zusatz zu den "5.000 Mitarbeitenden", denen Gniffke "verdammt viel abverlange" - eine bemerkenswerte Rechtfertigung für ein sechsstelliges Jahresgehalt. Über diese "Mitarbeitenden" wird seltener gesprochen, wenn mal wieder über den ÖRR debattiert wird. Das sollte es aber. Sind es doch sie, die die großen Pläne Gniffkes umsetzen werden müssen.
Ihnen wird viel abverlangt und im Grunde aber wenig gegeben: Die Arbeit mehrt sich, die Perspektiven schrumpfen. Und das ist inmitten einer Gemengelage verschiedener Probleme beim ÖRR das vielleicht größte überhaupt.