Weit über 20 Alben hat Jóhann Jóhannsson in seiner Karriere veröffentlicht. Wer weiß schon, wie viele Tondokumente noch in der Schublade liegen, die postum noch veröffentlicht werden könnten. Regelmäßig lassen Kristoffer Cornils und Thaddeus Herrmann das Werk des Komponisten Revue passieren - chronologisch, Album für Album. In der 16. Folge geht es um „Sicario", den Soundtrack zum Film von Denis Villeneuve - Jóhannssons zweiter Arbeit für den Regisseur nach „Prisoners".
„Sicario" markierte einen Dammbruch im Werk Jóhannssons, aber auch im Schaffen von Denis Villeneuve. Das eine hängt mit dem anderen zusammen, wie auch Ton und Bild über rund zwei Stunden miteinander verschmelzen. Aber zuerst die Fakten: Der Film wurde zuerst im September 2015 in den USA und wenige Wochen später weltweit veröffentlicht, nachdem er im Mai schon in Cannes für Wirbel gesorgt hatte und doch palmenlos nach Hause geschickt wurde. Das Trostpflaster kam im Nachhinein, und zwar gleich doppelt: Ein paar Oscar- und BAFTA-Nominierungen folgten, in beiden Fällen explizit auch für die Musik Jóhannssons. Kritik kam allerdings aus Juárez, der mexikanischen Grenzstadt, in der „Sicario" zum Teil spielt: Deren Darstellung im Film entspreche nicht (mehr) der Realität, vermeldete der damalige Bürgermeister im Rahmen eines Boykottaufrufs. Dabei geht es in „Sicario" sowieso nicht um einen konkreten Ort, sondern um den internationalen Krieg gegen Drogen, der im Grunde nur einer um die Dominanz der ständigen Krise ist - Machtspiele, illegalerweise über alle Grenzen hinausgehend. Kate Macer (Emily Blunt) findet sich unversehens im Schützengraben wieder und obwohl es eigentlich ihr Job ist, Geiselnahmen zu beenden, ist sie nicht nach Mexiko gekommen, um jemanden zu retten. Nur weiß sie das noch nicht und findet erst nach und nach heraus, was Sonderling Matt Graver (Josh Brolin) und der schweigsame Alejandro (Benicio del Toro) vorhaben. Und für wen sie, das ist noch wichtiger, arbeiten.Kristoffer Cornils
Berlin
Chronique