Der einzelne Ton einer Bambusflöte erhebt sich aus dem statischen Rauschen, ein dumpfer Trommelschlag ertönt. Mehr Flöten stimmen ein, es entsteht ein pulsierender Drone. Was klingt wie eine krude Lo-Fi-Soundart-Produktion, das ist die über hundert Jahre alte Aufnahme eines noch viel älteren Stückes Musik. "Bairo" heißt es, ist der traditionellen höfischen Musik aus Japan, der gagaku, zuzuordnen. Aufgenommen wurde es im Februar 1903 in Tokyo vom US-Amerikaner Fred Gaisberg, der bei einem Aufenthalt im Land 275 Schellackplatten mit aller möglichen Musik bespielte.
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Nachdem im Jahr 1878 erstmals der Phonograph an der Universität von Tokyo vorgestellt und 1890 sogar dem Gottkaiser, dem tennō, von US-amerikanischen Botschaftern ein modernisiertes Modell mit Wachszylinder vorgeführt wurde, organisierte sich eine kleine Industrie zur Herstellung von Phonographen. Doch nur die von Gaisberg auf Schellack gepressten, auf dem Grammophon abspielbaren Aufnahmen überdauerten die folgenden hundert Jahre und erfüllten dereinst den werblichen Zweck, den der Angestellte der Gramophone and Typewriter Company damit verfolgt: Sie etablieren die damals noch ein Novum darstellende Musikaufzeichnung in Japan und markieren den Beginn eines neuen Zeitalters am Ende eines anderen.