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Polittalk im Klassenzimmer

Einen Einblick in die Bundespolitik bekommen die Aßlinger Mittelschüler durch den Besuch der Abgeordneten Ewald Schurer (SPD) und Andreas Lenz (CSU). (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer von der SPD und Andreas Lenz von der CSU stellen sich und ihre Arbeit Aßlinger Mittelschülern vor. Dabei kommt auch ein wenig Wahlkampfstimmung auf

Interessiert betrachteten CSU-Politiker Andreas Lenz und Ewald Schurer von der SPD die Plakate, als sie durch das Klassenzimmer gingen: "Jetzt bilden wir uns mal politisch weiter", sagte Lenz lachend zu seinem Bundestagskollegen. Zweieinhalb Stunden gaben die beiden Politiker Schülern der Aßlinger Mittelschule Einblick in politische Prozesse und stellten sich den kritischen Fragen der 25 Jugendlichen.


Die Veranstaltung, die vom Aßlinger Jugendpfleger Erwin Mehl organisiert wurde, begann mit einer kurzen Vorstellungsrunde der beiden gebürtigen Ebersberger. "Ich hatte nie geplant, in die Politik zu gehen", sagt Schurer, der seit 2005 Abgeordneter im deutschen Bundestag ist. Gleichzeitig erklärte er den interessierten Schülern, was in dem Beruf besonders wichtig sei: "Man muss vor allem mit Kritik umgehen können".


Auch der 36-jährige Andreas Lenz von der CSU, der seit 2013 Mitglied des Bundestags ist, hielt seine Vorstellung sehr allgemein. Ihm war es vor allem wichtig, hervorzuheben, dass die Demokratie eines Landes ein "hohes Gut sei" und betonte, dass der erste wichtige Schritt der politischen Einflussnahme sei, von seinem "Wahlrecht Gebrauch zu machen". Lenz warnte jedoch im selben Atemzug davor, dieses zu nutzen, um extremistische Parteien zu wählen.


Die ersten Fragen der Schüler bezogen sich auf regionale Anliegen wie mangelnde Freizeit- und Sportangebote in Grafing und Ebersberg. "Es wird in dem Bereich ja schon einiges gemacht", antwortete Lenz. Beide Politiker verwiesen auf den Jugendtreff "Jig" in Grafing und "Grass 21", ein vom Bund unterstütztes Förderprogramm, welches Veranstaltungen für Jugendliche und Kinder organisiert. "Diese Arbeiten finden oft unterschwellig statt", erklärte der CSU-Politiker.


Vor allem aber Themen wie die gerade beschlossene Ehe für Homosexuelle, die unterschiedlichen Bildungschancen für Kinder in Deutschland und die Entwicklungshilfe für arme Länder interessierten die Schüler. "Der direkte Kontakt mit dem Thema Politik ist einfach extrem wichtig", sagte die Geschichtslehrerin Judith Mathä, die in den vergangenen Wochen viel mit ihrer Klasse über solche Themen gesprochen hat. "Ich habe in diesem Themenbereich einfach meinen Schwerpunkt gesetzt und die Schüler dazu aufgefordert, sich nicht immer nur über Facebook zu informieren."


Einen Einblick in die gelebte Politik konnten die Schüler ebenfalls erhalten. Denn obwohl CSU-Politiker Lenz und Sozialdemokrat Schurer anfangs versuchten, geschlossen das Berufsbild "Politiker" vorzustellen und dabei immer wieder Personen aus dem jeweils anderen politischen Lager lobten, konnten sie die Wahlkampfstimmung nicht unterdrücken. Immer wieder kamen kurze Diskussionen zustande, die an Polittalk-Shows wie die von Maybrit Illner oder Anne Will erinnerten.


Als Schurer beispielsweise die unterschiedliche Vorgehensweise von CSU und SPD ansprach, um die Chancengleichheit für alle Kinder zu ermöglichen, nahm Lenz eine Verteidigungsstellung ein und rechtfertigte die Ansichten seiner Partei: "Wir glauben, dass der Staat nicht entscheiden kann, wie man ein Kind am besten erzieht", stichelt er gegen den 63-Jährigen. Dieser hatte zuvor den Schülern erklärt, dass die SPD Investitionen in Einrichtungen wie Kindertagesstätten den elterlichen Förderungen - wie das Betreuungsgeld - vorziehen würde. Eine Darstellung die Lenz störte: "Wir halten es für sinnvoll, den Eltern die Wahl zu überlassen, ob sie die staatlichen Bildungsmöglichkeiten nutzen", fuhr der Christsoziale fort.


Ebenfalls die Abstimmung zum Thema "Ehe für Alle" löste eine kurze Diskussion zwischen den beiden Gästen aus und führte den Jugendlichen nicht nur die unterschiedlichen politischen Ausrichtungen, sondern auch die verschiedene Wahrnehmungen vor Augen, wie es zu der Abstimmung kam. "Ein solches Gesetz sollte nicht einfach in einem Schnellverfahren durchgeführt werden", erklärt Lenz, der das Vorgehen der SPD als "Vertrauensbruch in der Koalition" empfand. Es würde in diesem Bereich viel Diskussionsbedarf geben.


Auch die klassisch politischen Monologe, die häufig an der direkten Frage vorbeiführen, konnten die Schüler hautnah miterleben. SPD Politiker Schurer gab sich große Mühe, in dieser Hinsicht besonders authentisch zu wirken. Aufgrund der zeitintensiven Ausführungen mussten die letzten drei Fragen über den amerikanischen Präsidenten Donald Trump, den Bundestrojaner und der Hilfeleistungen für Flüchtlinge im Schnellverfahren beantwortet werden.


Am Ende betonte Klassenlehrerin Judith Mathä, dass sie Veranstaltungen wie diese gerne wiederholen würde. Die Frage, ob die Schüler trotz oder eben wegen der kurzen politischen Diskussionen den beiden Politikern so aufmerksam gefolgt wären, blieb offen. Sozialdemokrat Schurer betonte jedoch während der Veranstaltung, wie wichtig der lebhafte Dialog zwischen den Parteien für die Politik sei: "Wenn wir immer nur die gleiche Meinung hätten, wären wir stinklangweilig", fasste er zusammen.

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