„Hurra, Hurra die Schule brennt" oder „Flieger, grüß mir die Sonne": Extrabreit war eine der erfolgreichsten Neue-Deutsche-Welle-Bands. Am Sonnabend hat die Band im ausverkauften Musikzentrum gespielt.
Es ist über 40 Jahre her, da avancierte die Stadt Hagen am Rande des Ruhrgebiets plötzlich zur popkulturellen Metropole Deutschlands. Bands wie Extrabreit, Grobschnitt oder Nena prägten von dort aus die Musik dieser Zeit, die Neue Deutsche Welle (NDW).
Aus britischem Punk und New Wave entstand damals deutschsprachiger Pop-Punk bestehend aus Nonsense und subversiver Gesellschaftskritik. Ein Nährboden für alles, was danach kam, von Die Ärzte bis Die Toten Hosen. Und ob nun „99 Luftballons“ oder „Hurra, Hurra die Schule brennt“ – die doch recht kurze Zeit der NDW brachte Lieder hervor, die eine ganze Generation nachhaltig prägte.
500 Zuschauer zelebrieren ihre Jugend-Band
Das zeigte nun auch das ausverkaufte Konzert der NDW-Bad-Boys Extrabreit im Musikzentrum. 500 – hauptsächlich männliche – Zuschauer um die Sechzig haben dort am Sonnabend die Band ihrer Jugend zelebriert. Und die Band um Stefan „Kleinkrieg“ Klein feiert mit – und spielt NDW-Hymnen wie „Flieger, grüß mir die Sonne“, „Hart wie Marmelade“ oder das Hildegard-Knef-Cover „Für mich soll’s rote Rosen regnen“.
Mit dem NDW-Label mochte sich die Band – obwohl sie davon stark profitierte – nie so richtig identifizieren. „Wir haben den Scheiß halt mitgemacht“, heißt es von den fünf Männern lapidar zum Hype. Und anders als andere Bands haben Extrabreit auch nach dem Abebben der NDW weitergemacht und bis in die 2000er neue Alben veröffentlicht.
Im Musikzentrum wippen die Zuschauer mit, einige pogen vorsichtig vor der Bühne. Und weil sich die Fans Maren und Michael ihren Kennlernsong „Glück & Geld“ vorab gewünscht haben, ändern die Extrabreiten sogar ihre Setlist.
Gemütlichkeit statt Skandale
Es ist etwas gemütlicher geworden bei Extrabreit. Skandallieder wie „Hurra, Hurra die Schule brennt“ oder „Polizisten“ – zeitweise kassierte die Band sogar ein Sendeverbot – sind heute nur noch verblichene Erinnerung ans Rebellentum. In ihrem Jubiläumssong „War das schon alles“ schwelgt die Band in purer Nostalgie.
Für Missmut und Pfiffe sorgt beim Konzert nur die Tatsache, dass Extrabreit knapp 30 Minuten zu spät auf die Bühne kommt. Mit ihren Liedern provoziert die Band schon lange nicht mehr – und will das auch gar nicht. Immerhin ist der zweite Gitarrist Bubi Hönig mittlerweile auch schon fünffacher Großvater.
Und dem Publikum gefällt’s: Fast zwei Stunden feiern die Zuschauer und Zuschauerinnen, singen mit und jubeln anhaltend. Es sind keine volltätowierten Altpunks, die da gekommen sind. Es sind Maren und Michael, die sich beim Extrabreit-Konzert kennengelernt haben. Männer mit verschwindenden Haaransätzen, die ihre Kutten extra aus dem Schrank geholt haben. Menschen, die einen Abend in ihren Erinnerungen an ihre Jugend schwelgen wollen. Und das können die Extrabreiten richtig gut.
Von Kira von der Brelie