Teil 1
Prof. Dr. Heinzpeter Moecke gibt Tipps, wie man sein Erste-Hilfe-Wissen verbessern kann. Ist jemand in Lebensgefahr, zählt oft jede Minute. Doch viele Menschen fühlen sich nicht in der Lage, Erste Hilfe zu leisten - aus Unsicherheit, etwas falsch zu machen oder aus Angst vor Ansteckung. Prof. Dr. Heinzpeter Moecke ist Leiter des Asklepios Instituts für Notfallmedizin in Hamburg. Im Interview mit Kerstin Michaelis spricht er über die "Bürgerpflicht" Erste Hilfe. Er erzählt außerdem, wie man sich das nötige Wissen zum Thema aneignen kann - und wie die Aktion "Hamburg rettet Leben" helfen kann.
Welche Rolle spielt die Zeit bei der Lebensrettung?Prof. Dr. Heinzpeter Moecke: Bei der Wiederbelebung beim plötzlichen Herztod ist es von ganz großer Bedeutung, dass sofort mit der Herzdruckmassage begonnen wird. Aus vielen wissenschaftlichen Studien weiß man, dass die Überlebensraten nach dem plötzlichen Herztod und besonders die Überlebensraten ohne neurologische Ausfälle drastisch ansteigen, wenn sofort mit der Herzdruckmassage begonnen wird.
Wie wichtig ist ein Defibrillator?Moecke: Der Defibrillator ist eine ergänzende Maßnahme. Er kann dann eingesetzt werden, wenn er gleich verfügbar ist. Es darf aber nicht dazu führen, dass man wegen der Suche nach dem Defibrillator die Herzdruckmassage unterbricht. Grundsätzlich gilt für den Defibrillator aber das Gleiche wie für die Herzdruckmassage. Je früher der Defibrillator zum Einsatz kommt, desto wahrscheinlicher ist es, dass mit dem elektrischen Strom wieder ein normaler Herzschlag erzeugt wird.
Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung gibt es noch viele Unsicherheiten. Wie geht es denn nun richtig?Moecke: Natürlich ist die Beatmung ein wesentlicher Teil der Herz-Lungen-Wiederbelebung. In wissenschaftlichen Untersuchungen wurde jedoch festgestellt, dass es für Laien, die diese Methoden nicht regelmäßig üben, sehr schwer ist, diese korrekt durchzuführen. Da man weiß, dass es wichtiger ist, durch die Herzdruckmassage den Blutfluss aufrechtzuerhalten und die Herzdruckmassage nicht unterbrochen werden soll, empfiehlt man heute für jemanden, der nicht eine spezielle Ausbildung hat, auf die Beatmung in dieser Phase zu verzichten.
Wie groß ist die Unwissenheit in der Bevölkerung über das Thema Lebensrettung?Moecke: Leider wissen viele Menschen nicht, was sie in der Ersten Hilfe tun sollen. Und auch diejenigen, die ein bisschen wissen, haben häufig Angst davor, ihr Wissen auch anzuwenden.
Warum haben die meisten Menschen so eine Scheu?Moecke: Es ist einmal die Angst davor, etwas falsch zu machen. Die zweite Angst ist häufig die Angst vor Ansteckung, gerade bei Menschen, die bluten oder die erbrochen haben. Das sind jedoch alles Ängste, die bei rationaler Betrachtung völlig unbegründet sind. Dass sich jemand bei der Ersten Hilfe infiziert hat, ist noch nie vorgekommen, und man kann eigentlich nichts falsch machen.
Wie können diese Ängste überwunden werden?Moecke: Ich glaube, das funktioniert nur darüber, dass wir erkennen, dass es eine Bürgerpflicht ist, Erste Hilfe zu leisten. Die Hilfeleistungspflicht ist im Strafgesetzbuch verankert, wird jedoch leider nicht sehr ernst genommen.
Vielleicht wäre es gut, wenn wir eine alte Hamburger Tradition wiederbeleben. Die patriotische Gesellschaft hat bis 1913 Lebensrettungsmedaillen vergeben an Bürgerinnen und Bürger, die sich um dieses Thema verdient gemacht haben. Es sollte jährlich einen Empfang geben für die, die Erste Hilfe bei schweren Unfällen geleistet haben.