Herr Diaby, in Thüringen wurde erstmals ein Ministerpräsident mit Stimmen der AfD und der CDU gemeinsam gewählt. Was denken Sie diesbezüglich?
Mit dieser Wahl sehen wir, dass der Konsens der demokratischen Parteien anfängt zu bröckeln.
Welcher Konsens?
Demokraten machen keine gemeinsame Sache mit den Feinden der offenen Gesellschaft. Deshalb bin ich fassungslos, dass so etwas momentan in Thüringen läuft. Ich finde, dass es eine Herausforderung unserer demokratische Parteien ist, diesen Konsens wiederherzustellen.
Herr Diaby, in Thüringen wurde erstmals ein Ministerpräsident mit Stimmen der AfD und der CDU gemeinsam gewählt. Was denken Sie diesbezüglich?
Mit dieser Wahl sehen wir, dass der Konsens der demokratischen Parteien anfängt zu bröckeln.
Welcher Konsens?
Demokraten machen keine gemeinsame Sache mit den Feinden der offenen Gesellschaft. Deshalb bin ich fassungslos, dass so etwas momentan in Thüringen läuft. Ich finde, dass es eine Herausforderung unserer demokratische Parteien ist, diesen Konsens wiederherzustellen.
Ihre Kollegin Sawsan Chebli, die Berliner Staatssekretärin, veröffentlicht sehr viele Hassbriefe. Sie machen so etwas nicht?
Nein. Ich mache das nicht immer, weil ich dafür keine Zeit habe. Das heißt aber nicht, dass ich es falsch finde. Meiner Meinung nach sollte man jegliche Grenzüberschreitung deutlich machen. Die Menschen, die so etwas tun, sind zwar eine Minderheit. Aber wir sollten die nicht vernachlässigen, wir sollten die nicht kleinreden. Man soll das nicht so abtun, als ob das normal wäre. Es ist nicht normal, einen Menschen zu beleidigen, einem Menschen mit Hass zu begegnen oder ihn zu bedrohen – das ist in unserem demokratischen Verfassungsstaat nicht normal. Aber wenn wir solche Taten einfach stehen lassen, dann geht derjenige davon aus, dass es normal ist, er kann das machen.
Sind Anzeigen in solchen Fällen sinnvoll?
Ja. Der Staat kann nur eingreifen, wenn man die juristischen Mittel nutzt. Ich freue mich aus aktuellem Anlass, dass Renate Künast einen Erfolg erreicht hat, dass jemand eine Geldstrafe zahlen muss, der sie beleidigt hat. Ich finde, der Staat muss solche Grenzen setzen. Social Media sind ein freier Raum, wir freuen uns alle, dass wir sie nutzen, in ihrer Vielfältigkeit. Aber es ist kein rechtsfreier Raum. Das ist irgendwie bei einigen Menschen verlorengegangen.
Trotz der Gewalterfahrungen, die Sie gemacht haben, kommen Sie sehr optimistisch rüber. Wie kommt das?
Meinen Optimismus nehme ich daher, dass ich überzeugt bin: die überwiegende Mehrheit dieser Gesellschaft ist für eine offene Gesellschaft, für eine solidarische Gesellschaft. Das spüre ich in meinem Wahlkreis, aber auch in den Social Media, nach solchen Ereignissen. Das gibt mir Mut und es ermutigt mich und mein Team. Wir haben die Gewissheit: Menschen, die zu Gewalt greifen, die laut und aggressiv auftreten, sind nicht die Mehrheit in diesem Land.
Die Debatte über die Baseballschlägerjahre und die aktuellen politischen Entwicklungen zeigen, dass sich in Ostdeutschland rechtsextreme Strukturen verfestigt haben.
Ich vermeide, die Entwicklung von Rechtsextremismus und Populismus auf Ostdeutschland zu beschränken. Das ist mir zu einfach. Ich denke schon, dass Rechtsextremismus, Antisemitismus, aber auch Rassismus ein gesamtgesellschaftliches Thema sind.
In Ostdeutschland gab es aber mehr und heftigere Gewalttaten als im Westen.
Ja, es gibt sehr viele Gewaltvorfälle in Ostdeutschland. Aber ich möchte nicht den gesamten Osten pauschal als rechtsextremes Zentrum bezeichnen, denn es gibt dort auch eine Zivilgesellschaft, die sich gegen rechts wehrt – beispielsweise bei mir in Halle das Netzwerk »Bündnis gegen rechts«, das regelmäßig auf die Straße geht. Auch nach den Ereignissen vom 9. Oktober 2019 hat sich die Zivilgesellschaft und auch die Stadtverwaltung gewehrt. Insofern sollte man die Medaille, die zwei Seiten hat, entsprechend auch betrachten.
Ist es nicht auch ein Problem, dass viele Menschen in Ostdeutschland, die liberaler denken, diese Orte verlassen? Und das zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus dadurch schwieriger wird?
Ja, es ist zu beobachten, dass es in Teilen Ostdeutschlands, nicht Gesamt-Ostdeutschland, Regionen gibt, wo sich mittlerweile stärkere rechtsextreme Strukturen installiert haben. Sie suchen sich diese Räume bewusst, wo sie der Meinung sind, es gibt keinen großen Widerstand. Die gibt es. Das ist nicht zu vernachlässigen.
Was kann dagegen getan werden?
In Halle hat es immer wieder kleinere Gruppierungen von Neonazis gegeben. Sie sind aufgrund des Widerstandes wieder verschwunden. Und das ist gut so. Deshalb wäre es natürlich wichtig, an den Stellen zu gucken, wo es solche rechtsextreme Strukturen gibt, dass die Bevölkerung sensibilisiert wird. Das dort Widerstand geleistet wird. Jedem sollte klar gemacht werden, dass Demokratie und Toleranz dieses Land nach vorne gebracht haben und nicht die Spaltung.
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