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Kein Scharfmacher

Carlos Mesa ist nicht neu in der Politik, wenngleich er lange Zeit im Journalismus gearbeitet hat. Im Medienbusiness ist er anerkannt und hat zahlreiche Preise gewonnen. Bekannt geworden ist er als stellvertretender Herausgeber der bolivianischen Tageszeitung Última Hora, die 2001 eingestellt wurde, und als Fernsehmoderator. Hierdurch lassen sich seine besonnenen Kameraauftritte erklären, die er in den letzten Wochen fast täglich absolviertelt und über die App Periscope und den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete.

Mesa interessierte sich früh für Politik und begann mit 22 Jahren, für die Stadtverwaltung in La Paz zu arbeiten. Unter der Regierung des rechtskonservativen Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada wurde Mesa 2002 Vizepräsident. Im Jahr 2003 übernahm er das Präsidentenamt, nachdem Sánchez de Lozada vor Massenprotesten in die USA geflohen war. Grund für diese Proteste waren Deals mit den USA, in welchen Bolivien Erdgas und Öl zu Billigpreisen versprach. Als die Proteste trotz starker Repressionen nicht abflauten, stahl sich Sánchez de Lozada schließlich davon. Der Konflikt ging als »Gaskrieg« in die Geschichte des Landes ein, mindestens 60 Menschen wurden vom Militär erschossen.

Schon bevor Mesa neuer Präsident wurde, kritisierte er das harte Vorgehen gegen die Demonstrationen. Kaum im Amt, versuchte er, das Land zu befrieden und setzte sich für ein Referendum ein, um die Bevölkerung zu politischen Entscheidungen zu befragen. Zur Realisierung dieser Maßnahmen kam er jedoch nicht mehr. Die unter Evo Morales aufstrebende Bewegung zum Sozialismus (MAS) jagte ihn mit Protesten 2005 aus dem Amt. Es ist paradox, dass jetzt, 14 Jahre später, Morales seine Amtszeit ebenso beenden musste wie damals Mesa. Von der MAS wird Mesa als Scharfmacher aufgebaut. Doch sein Verhalten in der Vergangenheit spricht dagegen. Auch in den letzten Wochen hat er sich immer wieder gegen Gewalt ausgesprochen.



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