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(S+): Okay, sie sind nicht schön, aber...

(S+): Okay, sie sind nicht schön, aber...

... so funktional, wie ein Kleidungsstück nur sein kann: Cargohosen sind alles, nur nicht elegant. Warum ihr Comeback trotzdem das Beste ist, was uns in diesem Sommer passieren kann.

Die Cargohose war meine erste Mode-Liebe. Sie war stürmisch, aber kurz: Nach einem
intensiven Sommer vor 20 Jahren war ich ihr entwachsen und entwickelte eine Abneigung
gegen alles, was auch nur vage an Funktionsmode erinnert. Das mit der Cargohose und mir
war vorbei. Für immer. Dachte ich. Bis jetzt.

Checke ich heute Instagram und TikTok, schaue ich in Modemagazine und Geschäfte fühle
ich mich wieder wie im Jahrhundertsommer 2003. Als Paparazzi-Fotos die unendlich lässige
Jennifer Aniston auf den Straßen von Los Angeles in weiter, olivgrüner Cargohose zu Flipflops
und Tanktop zeigten. Als Beyoncé Knowles sie in der kurzen Variante zu High-Heels trug, wie
schon Monate zuvor Christina Aguilera. Vor dem Spiegel machte ich diese Looks nach.
Zumindest versuchte ich es, krempelte die Beine meiner Cargohose rauf und runter und
übte, auf hohen Absätzen lässig und auf Flipflops (die ich auch bald verschmähte) halbwegs
grazil zu gehen. Es roch nach „Ibiza Hippie“ von Escada, im Hintergrund lief „Crazy in Love“,
draußen war es heiß.

Cargohosen waren und sind auch deshalb so omnipräsent, weil es sie in allen nur denkbaren
Längen und Farben, Engen und Weiten, Größen und Materialien gibt. Hauptsache, die Beine
sind mit Taschen versehen. Erdacht wurden sie für Soldaten im Zweiten Weltkrieg und
wurden bald auch als Arbeitshose beliebt. In den 1990er-Jahren eroberten sie die Popkultur,
später waren sie auf Laufstegen zu sehen: 2001 aus Satin bei Gucci, 2002 in Tarngrün bei
Balenciaga, 2018 mit hoher Taille in Rosa, Beige und Batikblau bei Givenchy.

So groß wie jetzt war die Lust an den Taschen am Bein aber lange nicht mehr. (...)