Die Donots sind wohl allen ein Begriff, die schon einmal auf einem Rockfestival waren, da sie gefühlt immer dort anzutreffen sind. Ich fand sie immer ganz in Ordnung, aber nie besonders bemerkenswert. Und da ich oft meine Probleme mit deutschsprachiger Musik habe, interessierte ich mich 2015 auch nicht für deren erstes deutschsprachiges Album Karacho.
Letztes Jahr belehrten sie mich mit Lauter als Bomben eines Besseren. Mit durchgehend durchgedrücktem Gaspedal folgt darauf Hit auf Hit. Umso größer war meine Freude darüber, dass sie ihre 25-jährige Geburtstagstour durch vier deutsche Großstädte, unter anderem nach Düsseldorf, führte. Einziger Wermutstropfen: In allen drei Städten außer Düsseldorf wurden sie von Anti-Flag, einer meiner Lieblingsbands, begleitet, in Düsseldorf jedoch durch Itchy supportet. Auch wenn Itchy zweifelsohne eine großartige Band ist, ist sie im Vergleich zu Anti-Flag dann irgendwie wie Pepsi. Kann man eisgekühlt durchaus genießen, wenn es nicht anderes gibt, aber die zimmerwarme Coca-Cola hätte man dem jederzeit vorgezogen.
Allerdings lieferten Itchy eine exquisite Show ab – und das von der ersten Sekunde an. Eine wahre Erleichterung, waren ihnen doch Samiam als Vorvorband vorangegangen, die ein durchweg langweiliges Set spielten und es nicht schafften, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Itchy konnten sich der Textsicherheit ihrer Fans jedoch sicher sein und stürzten sich buchstäblich ins Publikum.
Zweieinhalb Stunden PunkrockIn dem Moment, in dem die Donots die Bühne betraten, waren Itchy und Samiam jedoch schlagartig vergessen. Ein riesiges herunterfallendes Transparent gab den Blick auf fünf Bandmitglieder frei, die auch nach 25 Jahren einfach richtig Bock haben. Mit Ich mach nicht mehr mit läuteten die Donots ihr fast zweieinhalb Stunden andauerndes Konzert ein. Klar, dass ich ganz vorne stehen musste. Wofür hab ich sonst schon eine Stunde vor Einlass draußen angestanden?
Gespielt wurde ein bunter Mix aus alten Hits wie Stop the Clocks und We're Not Gonna Take It und neueren Nummern wie Whatever Forever und Eine letzte letzte Runde, die alle gleichermaßen von den Fans gefeiert wurden. Sogar ich finde seitdem auch die alten Sachen gut. Manchmal braucht man so ein emotionales Erlebnis, um Musik anders wahrzunehmen. Natürlich habe ich deswegen auch einige Handyaufnahmen gemacht, denn was wusste schon Nina Hagen: „Du hast den Insta-Post vergessen. Nun glaubt uns kein Mensch wie schön es war", oder so ähnlich.
Die meisten um mich herum kannten jede Zeile auswendig, selbst den ganz alten Kram vom Karrierebeginn der fünf Jungs aus Ibbenbüren. Auch die Circlepits ließen nicht lange auf sich warten und verwandelten das Düsseldorfer Stahlwerk in einen tosenden Strudel aus Menschen und Punkrock. Eine gute Liveband schafft es, dass zumindest während des Konzerts alles, außer das, was gerade passiert, egal ist – „Alles scheißegal", wie die Donots in ihrem neuen Song Scheißegal singen. Normalerweise denke ich bei Konzerten immer irgendwann: „So, war geil, aber reicht jetzt auch langsam." Diesmal nicht. Von mir aus hätte es noch ewig weitergehen können.
Wohin mit all diesen GefühlenDie Energie, die auf der Bühne freigesetzt wurde und auf das Publikum überschwappte, war durchgehend greifbar. So viel Euphorie habe ich selten erlebt. Zwischen immer wieder aufkommenden „ Donots"-Rufen, schwenkenden Fahnen und Happy Birthday-Gesangseinlagen war einfach kein Platz für negative Emotionen. So gab auch Sänger Ingo zu: „Ey, das ist voll nicht Punk, uns schon nach dem vierten Lied zu Tränen zu rühren!" Trotz Partystimmung war den Punks die Rührung immer wieder anzumerken. Fast fühlte es sich an, als würden sie ihr Abschiedskonzert spielen, statt eines Geburtstagsgigs. Aber bevor es zu rührselig werden konnte, legten sie direkt mit der nächsten Nummer los.
Wie für die Donots üblich, ließen sie es sich nicht nehmen, Stimmung gegen Rechts zu machen und anschließend ihren dazu passenden Song Rauschen (auf jeder Frequenz) zu spielen. Dabei forderten sie das Publikum auf, besonders die Textzeile „Kein Mensch ist illegal" so laut wie möglich zu brüllen.
Ihren 25. Geburtstag feierten die Ibbenbürer nicht nur mit ihren Fans, sondern auch mit einigen Überraschungsgästen. So betrat unter tosendem Applaus Vom Ritchie, der Toten Hosen-Drummer, die Bühne, um gemeinsam mit der Band Superman zu performen sowie der Broilers-Sänger Sammy, um sie bei Problem Kein Problem zu unterstützen. Und irgendwie hat auf einmal Elton - ja, ProSieben-Elton - eisgekühlte Wasserflaschen an die Menschen verteilt.
Bitter nötig, denn im Stahlwerk wurde es nicht nur so heiß, dass der Schweiß von der Decke tropfte, durch das ganze Adrenalin, Tanzen und Springen dürften wohl alle an der Dehydrationsschwelle gestanden haben. Tatsächlich war es unmöglich, sich zu bewegen, ohne die schweißnassen Haare oder klatschnassen T-Shirts der Menschen um einen herum zu berühren. Am Ende des Abends sammelte sich auf meinem Körper also eine Mischung aus diversen Schweißsorten, Konfetti und Bier. Du weißt, dass der Abend geil war, wenn du nach dem Konzert spontan Bock hast, dir das Bandlogo tätowieren zu lassen.