Seit 2010 spielen SMOKE THE SKY Alternative Metal in allen möglichen Facetten. Dabei mischen die Münchner grungige Klänge mit einem groovigen Südstaaten-Sound und lassen auch Stoner- und Rap-Elemente durchblitzen. SMOKE THE SKY-Frontmann Kris erklärt, was das Besondere an der Münchener Metal-Szene ist, was die Community dort alles leistet und wie sie das lokale Proberaumsterben getroffen hat. Außerdem verrät er, warum DIY cool ist und was Goethes „Faust“ mit Metal zu tun hat.
Kris, in der aktuellen Rock-Hard-Ausgabe seid ihr mit „The Human Maze“ zum Tipp des Monats unter den Eigenproduktion gewählt worden. Wie habt ihr darauf reagiert?
»Wir waren erstmal sehr überrascht, weil das erste Album, glaube ich, auch erst drei Jahre später im Rock Hard besprochen wurde und die Resonanz damals schon Wahnsinn war. Ich habe damit also gar nicht gerechnet, aber das ist saugeil, also danke dafür!«
Was habt ihr vor SMOKE THE SKY gemacht? Ihr musiziert ja sicher schon länger, wie hat alles angefangen?
»Ich spiele wie die beiden Gitarristen schon seit 17 oder 18 Jahren in Bands, unser Schlagzeuger kommt aus Kassel und hat da auch schon Mucke gemacht. Wir sind jetzt seit acht Jahren zusammen. Damals habe ich alle rekrutiert, denn wie so oft ist auch diese Band aus anderen Vorgänger-Bands entstanden und mit dem Mikk, unserem Drummer, war das ein totaler Zufall. Wir standen Proberaum an Proberaum und dann meinte ein Kumpel, dass er da ’nen Schlagzeuger kennen würde. Den Mo, unseren Gitarristen, hab ich mal in einem Gitarrenladen eins zu eins Metallica-Songs nachspielen hören und dachte: "Krass, was bist du denn für ein Kerl?" Dann haben wir uns aus den Augen verloren und uns irgendwann auf einem Festival wiedergetroffen. Und den Konst kenne ich von einem Praktikum von vor 12 Jahren. Den hab ich auch jahrelang nicht gesehen und als es dann darum ging, einen neuen Gitarristen zu finden, sagte ich: "Hey, ich kenne da diesen einen wilden jungen Kerl". Also alles Zufälle.«
Der Album-Titel lautet „The Human Maze“. Fühlt ihr euch manchmal wie in einem Labyrinth?
»Definitiv. Die Texte sind ja alle von mir und für mich ist das alles einfach ein Labyrinth an komischen, schlechten und guten Entscheidungen, Emotionen, Liebe, Hass und warum das alles. Manches ergibt Sinn, anderes wieder nicht. Es geht um das Yin und Yang, um Selbstfindung, um es mal esoterisch auszudrücken.«
Euer Debüt und euer aktuelles Album entstanden in Eigenregie. Ist der DIY-Aspekt etwas, das euch wichtig ist oder eher ein notwendiges Übel? Eure Produktion klingt ja schon ziemlich gut.
»Wir haben das große Glück, dass Mo und Konst beide Musikproduzenten sind. Wir haben in unserem Proberaum ein Studio, wo die beiden auch an anderen Produktionen arbeiten. Ich bin Medien- und Grafikdesigner, wir müssen uns also auf niemanden verlassen. So ist es definitiv billiger, aber nicht weniger aufwändig. Aber es ist natürlich toll, wenn du das alles selber machen kannst, alles bleibt in der Familie, was die Produktionsschiene angeht. Ich glaube wir sind ganz glücklich so. Ein Label ist sicher praktisch, speziell wenn es um Konzerte und Touren geht, aber was zum Beispiel die Videoproduktion angeht, ist das ja mein Job und es macht mir auch Spaß und so pfuscht mir keiner rein, haha.«
So seid ihr natürlich auch in der musikalischen Gestaltung freier.
»Das stimmt, ich habe schon oft von befreundeten Bands, die bei einem Label sind, gehört, dass dann von oben kam, dass die sich so und so anziehen sollten und mehr Songs im Stil von Lied Nummer vier schreiben sollen. Also ja, die Freiheiten, die man sich nehmen kann, sind enorm. Wenn die Rahmenbedingen passen, würden wir aber bei einem guten Deal nicht nein sagen, haha.«
Einige Musikvideos habt ihr ja auch schon, zum Beispiel den Clip zu 'Mephisto'. Wo und wie habt ihr das gedreht?
»Bei 'Mephisto' hatte ich irgendwann die Idee zu einem One-Take-Video (Anm.d.Red.: Ein Video, das ohne Schnitt auskommt, also an einem Stück gefilmt wird). Dieser Song hat sich dafür angeboten, weil er mit dreieinhalb Minuten der kürzeste auf dem Album ist. Er handelt natürlich von Goethes „Faust“, deshalb wollte ich ein Theater-Video machen. Ich habe wirklich Frame für Frame Storyboards erstellt. Wir haben dann hier in München im Kulturzentrum die Räumlichkeiten angemietet, inklusive eines fähigen Haustechnikers, der hat sich um das Licht gekümmert. Ein Wochenende haben wir uns dort eingesperrt und das Video gedreht. Das war eine Schweinearbeit, aber das Endprodukt ist der Wahnsinn. Das ist auch nicht das einzige Musikvideo geblieben, insgesamt gibt es sechs, davon drei Lyric-Videos und drei normale. Da dürfte das ein oder andere noch dazu kommen.«
Das Make-up im Video erinnert mich an klassische „Faust“-Inszenierungen.
»
Das Make-up ist bewusst gewählt. Wir haben da ein bisschen rumprobiert und ich habe versucht, ein bisschen in die Klaus-Maria-Brandauer-Ecke zu gehen – aus der Verfilmung aus den Achtzigern – und eine eigene Note reinzubringen. Am liebsten hätte ich noch eine Glatze gehabt, das wäre aber zu aufwändig gewesen, haha, und abrasieren geht natürlich auch nicht.«
Warum ist es euch wichtig, dass ihr auch Musikvideos präsentiert?
»Musik hören ist das Eine, heutzutage ist es aber auch wichtig, dass du den
Leuten was für's Auge bietest. Auf YouTube kannst du auch einfach das Plattencover zeigen und dann läuft dazu der Song. Wir haben aber die Möglichkeit, mehr zu tun, deshalb produzieren wir Content, der cooler aussieht, zum Beispiel einen geilen Lyric-Clip oder so etwas wie das 'Mephisto'-Video. So verbreitet sich die Musik auch schneller. Die Clips bearbeite ich alle zu Hause. Wir haben auch ein 25-minütiges Making-of zum Album, da haben wir über zwei Jahre alles mögliche mitgefilmt. Ich hatte dann die Aufgabe, daraus sieben Teile zu basteln, von denen sechs schon erschienen sind. Das war sehr viel Arbeit, da steckt aber auch eine Menge Herzblut und Leidenschaft hinter.«
Eure Einflüsse sind ja recht vielfältig, konntet ihr alle auf „The Human Maze“ verarbeiten oder vermisst du was? Oder ist euch das gar nicht so wichtig?
»Ich denke, die hörbaren Einflüsse führen zu einem Gesamtsound, der uns definiert. Wir haben sehr unterschiedliche Backgrounds, ich höre ganz komische Musik zum Teil. Vielleicht wird es auf der nächsten Platte noch einen funkigen Song geben oder einen klassischeren Rock'n'Roll-Track. 'Frankensmoke' ist eine Akustik-Nummer, bei 'Raw Is The Law' oder 'The Engineers' gibt’s dann wieder aufs Maul. Klar, manche Leute sagen dann, man findet seinen Sound nicht, was eine gefährliche Aussage ist, denn warum soll ich immer nur eine Schiene fahren, das ist doch langweilig. Gemeinsame Nenner bei uns in der Band sind aber zum Beispiel Mastodon, Pantera und Alice In Chains.«
Was für komische Sachen hörst du denn?
»Haha, das ist wahrscheinlich Auslegungssache. Ich bin ein großer Sting-Fan. Ich höre auch viel nordische Folklore durch meine Freundin, ganz viel Klassik, ich bin ein großer 80s-Pop-Fan, stehe aber auch alten Rap. Letzteres hört man hier und da sogar auch auf der aktuellen Platte.«
Was kann „The Human Maze“ besser als euer Debüt „Leave This World Loud“?
»Alles zu verbinden hat auf dem ersten Album schon ganz gut funktioniert, das haben wir jetzt aber noch mal perfektioniert. Da kann man sich dann auch schon mal ein paar Jahre Zeit lassen und dafür eine Laufzeit von einer Stunde bieten. Wir haben unseren eigenen Sound noch mehr gefunden. Ich bin wirklich stolz auf diese Abwechslung, denn das ist mir sehr wichtig, ich würde mich beim Spielen langweilen, wenn ich immer dieselben vier Akkorde spielen müsste.«
Was glaubst du ist das besondere an der Münchener Metal-Szene im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland?
»Im Ruhrpott ist die Metal-Szene natürlich legendär, seit den Achtzigern mit Kreator und Sodom, der harte Kern eben. Hier in München ist es auf jeden Fall so, dass sich die Bands viel gegenseitig helfen, Konzerte und kleine Touren organisieren, es wird für den anderen Werbung gemacht. Ich denke auch, es gibt untereinander wenig Neid und eine große Genre-Vielfalt. Ist das bei euch ähnlich?«
Auf jeden Fall, ich denke aber, das ist generell so ein Musiker-Ding, ich höre das Gleiche auch immer wieder von Freunden, die in der Rap-Szene unterwegs sind.
»Ja es herrscht überall so eine freundschaftliche Konkurrenz. Aber es gibt bei uns eigentlich keine Bands, die meinen DIE Rockstars sein zu müssen. Die machen das alle schon so lange und investieren so viel Zeit, Geld und Leidenschaft in die Platten und ins Merch, da bleibt dir nicht viel übrig, als auf dem Teppich zu bleiben. Es spricht sich hier schnell herum, wenn jemand meint, den Obermacker heraushängen lassen zu müssen. Wir haben hier auch so viele coole Veranstalter, dafür dass München ja auch nicht mehr für Rock oder Metal bekannt ist. Das Clubsterben ist natürlich auch hier auch hier ein Ding und da brauchst du diese Leute, die immer noch Konzerte veranstalten. Die sind so engagiert und nehmen zum Teil finanzielle Risiken in Kauf, das ist der Hammer. Ich habe auch das Gefühl, es gibt immer mehr gute und technisch anspruchsvolle Bands.«
Wird man als junge Band gut gefördert? Ich könnte mir vorstellen, dass es schwierig werden kann, gerade in München an einen Proberaum zu kommen.
»Definitiv. Das Proberaumsterben haben wir selbst vor drei Jahren miterlebt, da wurde ein kompletter Wohnkomplex im Münchener Norden abgerissen, weil BMW da was neues hinsetzen wollte und wenn BMW dort sagt, dass die da was hinbauen wollen, sagt die Stadt, "Jo, alles klar". So wurden schätzungsweise 40 bis 50 Proberäume aufgelöst. Wenn du rechnest, dass da pro Raum zwei, drei Bands drin waren, heißt das, dass plötzlich an die hundert Bands ohne Proberaum dastanden. Es wurden jetzt neue Räumlichkeiten gebaut, trotzdem bleibt es schwierig. Aber auch da helfen sich Bands gegenseitig aus, stimmen sich ab, teilen sich Räume.«
Letzte Worte?
»Support your local underground! Wenn die Venues leer bleiben, organisiert auch keiner mehr eure Konzerte.«
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