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Antisemitismus-Skandal bei der Documenta: Erste Chance zur Aufarbeitung vertan

Eine eilig einberufene Podiumsdiskussion zu „Antisemitismus in der Kunst" sollte nun also den Ruf der documenta15 retten. Zumindest die Auftaktveranstaltung hat dieses Ziel verfehlt.

Anstatt offen über antisemitische Ressentiments, und auch kulturell bedingte Missverständnisse, auf der Kunstschau zu sprechen, wurde akademisch geschliffen herumlaviert. Anstatt den Einfluss postkolonialer Theorien auf Künstler und deren Verständnis von Antisemitismus zu untersuchen, wurde in Sitzkreisatmosphäre die eigene Aufgeklärtheit zelebriert. Kein Wort zum antizionistischen Konsens in der globalen Kunstwelt, der schnell ins Antisemitische übergeht.

Auch die gezeigten antisemitischen Werke waren kein Thema an diesem Abend: Neben dem abgehängten Skandalbild des indonesischen Kollektivs Taring Padi gibt es etwa einen Film auf der documenta, der die linksextreme Japanische Rote Armee mindestens verharmlost. Sie ermordete 1972 am heutigen Flughafen von Tel Aviv 24 Menschen. Anstatt die Verantwortung von Leitung und Künstlern zu diskutieren, betonte man die eigene Lernbereitschaft. Ohne dann wirklich die Debatte mit Betroffenen, in diesem Fall dem Zentralrat der Juden, zu führen.

Man wolle lernen, sagte auch der Sprecher des Kuratoren-Kollektivs Ruangrupa, Ade Darmawan. Das wäre glaubhaft, würde man in der Diskussion Erkenntnisgewinn suchen. Als stiller Zuhörer im Publikum fällt es leicht, die eigenen Positionen nicht zu überdenken. So fiel der Anfang der großen Aussprache enttäuschend aus.

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