Die argentinische Fußballspielerin Macarena Sánchez fordert die Professionalisierung ihres Sports in ihrem Land. Deswegen will sie den eigenen Verein und Verband verklagen.
Der Fall sorgte in
Argentinien für landesweites Aufsehen: Die Fußballspielerin Macarena
Sánchez will ihren Klub UAI Urquiza und den argentinischen
Fußballverband (AFA) verklagen. Auslöser war ihre Suspendierung von
Urquiza zu Beginn des Jahres - laut Vereinsseite aus sportlichen
Gründen. Doch Sánchez nimmt den Rausschmiss zum Anlass, um die
Verhältnisse im argentinischen Frauenfußball anzuprangern. Sie fordert
eine finanzielle Entschädigung und die Anerkennung des Frauenfußballs
als Profisport. Bisher gibt es in Argentinien keinen derartigen
Präzedenzfall im Frauenfußball, zuletzt protestierten die Männer in den
1930er-Jahren für eine Professionalisierung des Sports. Sánchez hatte
ihre Beschwerden lange zurückgehalten, weil sie ihre Fußballkarriere
nicht gefährden wollte.
Sie wird von der Spielergewerkschaft FIFPro unterstützt, die weltweit Profifußballer und deren Interessen vertritt. Ihr Verein UAI Urquiza ist einer der besten Frauenvereine des Landes und hat bereits mehrfach die Meisterschaft gewonnen. Da die Suspendierung inmitten der aktuellen Spielzeit erfolgte, konnte sich Sánchez keinen neuen Klub suchen. Sie ist derzeit vereinslos.
SPIEGEL ONLINE: Frau Sánchez, wie ist es zu Ihrer Suspendierung gekommen?
Macarena Sánchez: Ich war gerade im Urlaub, als ich einen Anruf bekam. Mir wurde gesagt, dass der Verein nicht mehr mit mir planen würde - offiziell aus sportlichen Gründen. Ich bin da keine Ausnahme, es kommt oft vor, dass Frauen von ihren Vereinen gefeuert werden, wenn sie für etwas einstehen. Ich habe mich immer für die Professionalisierung des Frauenfußballs eingesetzt und gesagt, was ich dachte. Ob das der Grund meiner Suspendierung war, weiß ich nicht. Ich habe jetzt rechtliche Schritte gegen Urquiza und den argentinischen Verband eingeleitet.
SPIEGEL ONLINE: Was wollen Sie mit Ihrer Klage erreichen?
Macarena Sánchez: Es geht mir um eine finanzielle Entschädigung für die sieben Jahre, die ich bei Urquiza gespielt habe. Doch das Geld ist nebensächlich für mich, meine Klage soll Aufmerksamkeit erregen. Ich will, dass sich die Arbeitsbedingungen und Rechte der Spielerinnen verbessern.
SPIEGEL ONLINE: Wie sind die aktuellen Bedingungen?
Macarena Sánchez: Die meisten von uns haben keinen Vertrag. Und wenn es Geld gibt, werden wir unter der Hand bezahlt. Eine Fußballerin in der ersten argentinischen Liga verdient im besten Fall um die 100 Dollar im Monat, bei den Männern sind es im Durchschnitt gut 10.000 Dollar. Es gibt aber auch Vereine, die uns gar nichts bezahlen. Und es ist nicht nur das Gehalt: Auch die Materialien und Plätze für unser Training sind in einem schlechten Zustand.
SPIEGEL ONLINE: Was unternimmt der Verband?
Macarena Sánchez: Der argentinische Fußballverband kennt diese Bedingungen. Sie müssen jetzt Verantwortung zeigen und sich für die Frauen einsetzen. Ich verstehe nicht, warum der Frauenfußball vor allem von Männern geführt wird. Wir brauchen mehr Frauen in den wichtigsten Positionen. Jede Frau hat nun die Möglichkeit, sich an unsere Seite zu stellen.
SPIEGEL ONLINE: Was hat eine Professionalisierung bisher verhindert?
Macarena Sánchez: Es liegt an der Kultur. Der Machismo und das Patriarchat verhindern, dass Frauen wie Profis behandelt werden. Die Vereine haben nur für die Männer gute Strukturen und Bedingungen geschaffen. Sie reden sich damit raus, dass die Frauen ohnehin nur Amateure sind und geben uns keine Rechte. Dazu gehören auch der Präsident des argentinischen Verbands und die Manager der Vereine - all diejenigen, die etwas verändern könnten.
SPIEGEL ONLINE: Was genau fordern Sie noch?
Macarena Sánchez: Wir wollen vom Fußball einfach leben können, dafür brauche ich keine Millionen. Wir wollen in Würde spielen und ein Gehalt bekommen, das es uns erlaubt, uns zu 100 Prozent auf den Fußball zu konzentrieren. Ich glaube auch, dass das Interesse am Frauenfußball in der Bevölkerung vorhanden ist. Doch wenn man die Frauenspiele morgens um 9 Uhr ansetzt und es im Stadion nicht einmal eine Tribüne gibt, dann kommen die Leute natürlich nicht zu unseren Spielen.
SPIEGEL ONLINE: Wie waren die Reaktionen auf Ihre Klage?
Macarena Sánchez: Ich wurde angefeindet und habe sogar Morddrohungen erhalten. Es ist schrecklich, denn das Einzige, was ich mache, ist Rechte für Frauen einzufordern. Aber das wird mich nicht aufhalten. Im Gegenteil: Das hat mich stärker gemacht. Es gibt mehr Menschen, die mich unterstützen als bedrohen.
SPIEGEL ONLINE: Sie riskieren Ihre Fußballkarriere.
Macarena Sánchez: Ja, ohne Zweifel. Ich wusste von Anfang an, dass es mir beruflich schaden wird. Doch die Gleichberechtigung ist mir wichtiger als meine persönliche Sportkarriere. Es gibt viele Generationen von Frauen, die nach uns kommen und ich träume davon, dass sie professionell Fußball spielen können. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.
Übersetzung: Aida Marquez Gonzalez, Lina Moreno
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