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Plagiate an Universitäten: Warum vielen Unis ihr Image wichtiger ist als die Wissenschaft | BR.de

Seit Jahren fahnden die Mitarbeiter von VroniPlag Wiki nach Plagiaten in wissenschaftlichen Arbeiten. 194 falsche Doktoren haben sie schon entlarvt - aber nicht jede Universität will die angezeigten Plagiate auch bestrafen.


Die Gedanken sind frei - zumindest solange man die Quellen angibt. In den letzten Jahren konnten wir mitverfolgen, was passieren kann, wenn man in wissenschaftlichen Arbeiten einfach fremde Ideen als seine eigenen verkauft. Karl Theodor zu Guttenberg hat es seine (politische) Karriere gekostet und auch Bildungsministerin Annette Schavan musste ihren Regierungsposten abgeben. Man könnte also annehmen, dass Universitäten seit dem Bekanntwerden dieser Fälle viel härter gegen Plagiate vorgehen. Das ist aber leider nicht der Fall.

Abschreiben wird zum Lottospiel

194 Plagiate sammeln sich auf der Plattform VroniPlag Wiki. Seit knapp sieben Jahren arbeiten die Mitarbeiter von VroniPlag Wiki ehrenamtlich daran, wissenschaftliche Arbeiten zu analysieren und auf Plagiatsvorwürfe zu überprüfen. Aber nur in 57 Fällen wurde der verliehene Doktortitel auch tatsächlich wieder aberkannt. Das zeigt, dass die Fakultäten sehr unterschiedlich mit solchen Fällen umgehen, erzählt Prof. Dr. Gerhard Dannemann von VroniPlag Wiki:

"Es hat nichts damit zu tun, wie schwer die Fälle oder das wissenschaftliche Fehlverhalten war. Sondern es hat was damit zu tun, welche Leute da vor Ort sitzen und wie sie mit den Regeln umgehen. Das ist schon eine gewisse Lotterie."

Vielen Universitäten geht es nämlich primär um das Image. Schließlich kann durch die Aberkennung von Doktortiteln auch die Arbeit der ganzen Uni in Frage gestellt werden. Also versucht man oft, die Sache anders zu lösen: nur Teile der Arbeit bewerten, die Arbeit noch einmal schreiben lassen, eine Note schlechter geben oder auch einfach gar nichts tun und schweigen.

Im schlimmsten Fall darf der Doktortitel sogar behalten werden, obwohl der Betrug nachgewiesen wurde. Das ist für die Wissenschaft sehr gefährlich. Erstens ist es für alle ehrlich arbeitenden Doktoranden ungerecht. Zweitens gibt der falsche Doktor sein "wissenschaftliches Arbeiten" an andere weiter. Aus der gefälschten Arbeit zitieren wieder andere und verbreiten unwissentlich die geklauten Ideen. Ein bisschen also wie Stille Post, nur dass es am Ende einen großen Verlierer gibt: die Wissenschaft.

Es fehlt ein einheitlicher Umgang

Viel verändert hat sich seit Guttenberg und Schavan nicht. Es gibt zwar mittlerweile einige Universitäten, die mit Scannersoftware und Google gegen Plagiate vorgehen - aber offen über gefundene Plagiate sprechen, wollen nur die wenigsten. Das ärgert auch den Gründer von VroniPlag Wiki, Martin Heidingsfelder:

"Wir haben die Situation, dass wir nicht wissen, wenn wir eine Plagiatsanzeige abgeben, was damit passiert und ob überhaupt etwas damit passiert. Die Rückmeldungen von den Universitäten sind äußerst gering. Es wird nicht veröffentlicht und auch nicht transparent gearbeitet."

Was mit als Plagiat angezeigten Doktorarbeiten passiert, ist auch unklar. Werden sie aus der Bibliothek genommen? Oder reicht am Ende ein kleiner Vermerk, dass hier ein "Dr. Copy & Paste" am Werk war? Die Plagiatsexperten fordern deswegen mehr Einheitlichkeit an den deutschen Fakultäten. Denn nur, wenn Plagiate in jeder Universität Deutschlands auch gerecht bestraft werden, behalten die Titel ihren Wert.

Sendung: 22. Januar 2018 - Filter, ab 15 Uhr

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