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Flucht aus den USA

Burger King will seinen Firmensitz nach Kanada verlegen. Das Unternehmen wäre nicht das erste, das die USA verlässt, um Steuern sparen zu können. Der Trend macht Politikern in Washington Sorgen.

Der Bananenhändler Chiquita macht es, der amerikanische Pharmakonzern AbbVie macht es und jetzt schließt sich auch noch die Fast-Food-Kette Burger King an: Immer mehr US-Konzerne fusionieren mit ausländischen Konkurrenten und wollen auf diesem Weg ihren Firmensitz ins Ausland verlagern, um Steuern sparen zu können. Was mittlerweile zum Trend geworden ist, macht den Politikern in Washington Sorgen. „Es vergeht kaum eine Woche ohne die Nachricht, dass ein weiteres Unternehmen seine Adresse nach Übersee verlagern will, um sich vor seinem fairen Anteil an den US-Steuern zu drücken", sagt der demokratische Kongressabgeordnete Sandy Levin. Präsident Barack Obama warf den Firmen einen Mangel an „wirtschaftlichem Patriotismus" vor. Dabei ist auch der US-Regierung klar, dass die Firmen legale Schlupflöcher nutzen, um ihren Gewinn zu maximieren.

In den USA, dem Urland des Kapitalismus, sind die Steuern inzwischen im Vergleich zu anderen Nationen relativ hoch. Bis zu 35 Prozent Körperschaftssteuer müssen US-Unternehmen an die Zentralregierung nach Washington abführen, hinzu kommen regionale und lokale Steuern. Zum Vergleich: Irland besteuert Unternehmen mit gerade einmal 12,5 Prozent und wird damit derzeit zum Lieblingsziel flüchtender US-Konzerne. Auch andere Länder sind günstiger: Groß-Britannien verlangt 21, Kanada 26 Prozent. Selbst in Deutschland zahlen Unternehmen weniger Steuern als in den USA.

Die Konzerne dementieren meist, dass Steuererleichterungen der Grund für ihr Auswandern sei. Intern wird es aber eine Rolle gespielt haben. Beispiele gibt es viele. Im Juli übernahm der Pharmakonzern AbbVie den irisch-britischen Konkurrenten Shire für 54 Milliarden Dollar. Jetzt will er seinen Firmensitz von Chicago nach Dublin verlagern. Anderes Unternehmen, gleiches Schema: Im Juni zahlte der US-Medizintechnikkonzern Medtronic rund 43 Milliarden Dollar für eine Fusion mit dem irischen Konkurrenten Covidien, Verlagerung des Firmensitzes nach Irland inklusive. Prominentes Beispiel ist auch der Bananenhersteller Chiquita, der zuletzt eine Fusion mit dem irischen Händler Fyffes anstrebte.

Irland ist für die Investoren ein besonders beliebtes Land, nicht nur weil die Steuern niedrig sind. Das Rechtssystem ist ähnlich wie in den USA, Unternehmen können ihre Rechnungslegung weiter nach US-Standard führen und zudem an der New Yorker Börse gelistet bleiben. Auch Großbritannien und die Niederlande sind aus ähnlichen Gründen beliebt. Seit 2012 haben insgesamt 21 US-Konzerne Deals abgeschlossen oder zumindest angekündigt, mit denen sie ihren Firmensitz ins Ausland verlagern können. Das ist fast so viel wie in den vergangenen drei Jahrzehnten zusammen.

Zwei Eigenarten des amerikanischen Rechts motivieren die Unternehmen derzeit zum Auswandern. Zum einen reicht es, wenn bei einer Fusion 20 Prozent der vereinten Anteile an die ausländische Gesellschaft übergehen. Die Konzerne können so ihren Firmensitz ins Ausland verlagern, ihre operative Geschäftsführung aber in den USA behalten. Faktisch sind sie dann nur auf dem Papier umgezogen.

Zum anderen ist es teuer für die Unternehmen, im Ausland erzielte Gewinne wieder in die USA zu transferieren, weil der Fiskus hier anteilig zugreift. Problem ist aber: Eben genau im Ausland liegt derzeit sehr viel Geld. Insgesamt rund zwei Billionen Dollar horten US-Unternehmen auf ausländischen Konten, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg ermittelte. Und weil die Rückführung dieses Geldes mit bis zu 35 Prozent nachversteuert werden kann, investieren die Unternehmen lieber gleich in Europa - zum Beispiel in Form von Fusionen mit den Konkurrenten.

Präsident Barack Obama würde es den Firmen gerne erschweren, ins Ausland abzuwandern. Im Gespräch ist etwa, dass der Zukauf gleich groß oder sogar größer sein muss als die US-Firma, damit der Wegzug erlaubt wird. „Steuerreformen scheitern aber gerade an der politischen Spannung zwischen Demokraten und Republikanern", sagt Stefan Metz, Steuerexperte bei der Beratungsfirma Ernst & Young.

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