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Reiche und arme Regionen: So unterschiedlich lebt es sich in Deutschland

Quelle:ZDFheute, Interaktive Karte in Original-Artikel

Ost-West-Gefälle? Das soll es bald nicht mehr geben: Die Bundesregierung will die Lebensbedingungen mit gezielten Maßnahmen überall verbessern. Wo das wichtig ist - ein Überblick.


Die Kluft zwischen strukturschwachen und strukturstarken Regionen droht immer größer zu werden. Eine Kommission der Bundesregierung hat die größten Problemfelder in Deutschland untersucht und in einem Bericht Maßnahmen vorgestellt, die ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft stoppen sollen. Zu den strukturschwachen Regionen gehören vor allem ostdeutsche Bundesländer, aber auch Regionen im Saarland, im Ruhrgebiet sowie Bremen und Bremerhaven.


Die größten Probleme laut des Kommissionsberichts:


Arbeitslosigkeit: Sinkende Arbeitslosenzahlen, steigende Beschäftigung - Mit einer bundesweiten Arbeitslosenquote von 4,7 Prozent steht Deutschland international ziemlich gut da. Jedoch ist die Quote in den schwächeren Regionen fast fünfmal so hoch wie in struktstärkeren Teilen des Landes.

Wohnungsnot: Das Angebot und die Nachfrage nach Wohnraum in Deutschland unterscheiden sich in den Regionen gewaltig. Die Suche nach bezahlbaremWohnraum stellt vor allem für Menschen in Städten und in Ballungsgebieten ein großes Problem dar. Auf dem Land hingegen verzeichnet der Bericht Leerstände, was zu einem Werteverlust dieses Wohneigentums führt. Die Kommission unterteilt Deutschland in Regionen mit geringem und solchen mit hohem Handlungsbedarf. In der ersten Gruppe liegen die Mieten durchschnittlich bei 5,19 Euro/qm und in zweiter bei rund 10,3 Euro/qm.

Mangelnde Grundversorgung: Das Angebot an Krankenhäusern, Kindergärten, Pflegeeinrichtungen und Schulen trägt maßgeblich zur Lebensqualität bei. Noch immer gibt es Kommunen, in denen Schulen aufgrund sinkender Kinderzahlen geschlossen und die Schulwege dadurch länger werden. Während es in vielen Städten massenhaft Ärzte gibt, ist das Angebot auf dem Land oft begrenzt. So kann es sein, dass Menschen in den schwächsten Regionen durchschnittlich rund 32 Kilometer zum nächsten Krankenhaus fahren müssen, während es in den strukturstärkeren Regionen im Schnitt nur 7 Kilometer sind. Auch Fachkräfte fehlen weiterhin, insbesondere im pädagogischen Bereich. Daran anknüpfend spielt auch die Frage nach dem Ausbau des ÖPVNs eine Rolle, weshalb die Kommission beispielsweise den Ausbau weiterer Buslinien auf dem Land vorschlägt. Durch den demografischen Wandel steigt auch die Nachfrage nach Pflegepersonal, weshalb die Arbeitsgruppen die Notfallversorgung besser koordinieren, die Telemedizin sowie den medizinischen Nachwuchs in den Regionen fördern will.

Digitalisierung: Sowohl beim Ausbau der Mobilfunknetze als auch beim Breitbandausbau ist noch ein großer Schub notwendig. Natürlich gibt es bereits Gemeinden, die einhundertprozentig mit schnellem Internet ausgestattet sind. Aber dass in strukturschwachen Regionen durchschnittlich gerade einmal 60 Prozent mit LTE-Standard surfen, ist eklatant, befindet auch die Kommission. Dass die Digitalisierung überall in Deutschland ankommen muss, hat die Politik also mittlerweile erkannt.

Abwanderung: Die meisten Menschen wandern immer noch aus den ostdeutschen Bundesländern aus. Weiterhin verdienen die Menschen im Osten durchschnittlich 640 Euro weniger als im Westen, da es weniger große Unternehmen gibt. Junge Fachkräfte zieht es zudem in die Städte, gleichermaßen in Ost und West.

Verschuldung: In vielen Kommunen wachsen die Kassenkredite, also kurzfristig gewährte Kredite für die Deckung von alten Schulden. Diese Kredite häufen sich über die Jahre an, ohne dass sie getilgt werden, so wie es zum Beispiel in einigen Regionen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland der Fall ist. Daneben sind die Altschulden, die durch Bundes- und Landesgesetz entstanden sind, im Osten besonders hoch.

Dass die Kluft zwischen armen und reichen Städten in Deutschland zu wachsen droht, zeigt auch eine Bertelsmann-Studie. Hohe Schuldenberge bei steigenden Kosten für Hartz-IV-Empfänger und hohe Haushaltsdefizite setzen schwache Kommunen demnach unter Druck. Die ohnehin schon starken Städte profitieren hingegen kräftig von der Wirtschaftslage.


Um ein weiteres Auseinanderdriften der Lebensverhältnisse zu bremsen, hat der Bund beschlossen, mehr Geld zur Verfügung zu stellen und alle weiteren Gesetzesvorhaben einem "Gleichwertigkeitscheck" zu unterziehen. Das bedeutet, dass die Gesetzesentwürfe zur "Wahrung und Förderung gleichwertiger Lebensbedingungen" beitragen sollen.

Wie genau das gelingen soll und wie lange das im Einzelnen dauert, bleibt abzuwarten.


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