Wer berufstätig ist, zahlt Steuern vom Gehalt. Doch das ist längst nicht alles. Unsere Autorin hat einen Monat lang festgehalten, was sie alles an Abgaben zahlt. Diese Rechnung geht auf den Staat.
Steuern und Abgaben betreffen uns praktisch jeden Tag. Bei jeder Ausgabe kassiert der Staat mit – und das längst nicht nur beim Gehalt. Ich selbst verdiene als Studentin nur wenig Geld. So wenig, dass ich nicht mal Einkommensteuer zahlen muss. Trotzdem kommt auch bei mir einiges zusammen. Einige Abgaben sind sichtbar, andere zahlen wir versteckt.
Steuern berechnen: So viel Steuern zahlen wir in Deutschland wirklich
Rechnet man alle Steuern und Abgaben zusammen, dann greift der Staat von einem Euro, den ein Bürger verdient und wieder ausgibt, im Schnitt fast 54 Cent ab. Das hat der Bund der Steuerzahler errechnen lassen.
Der Verband hat diesen Montag zum „Steuerzahlergedenktag“ erklärt. Begründung: In diesem Jahr würden die Bürger rein rechnerisch bis zum 15. Juli für den Staat arbeiten – und erst ab 21.56 Uhr wieder für den eigenen Geldbeutel.
Ich wollte herausfinden, wie viel Geld auch ich als Studentin mit Nebenjob jeden Tag an den Staat abführe. Dazu habe ich einen Monat lang die Belege all meiner Ausgaben gesammelt und Steuern und Abgaben zusammengerechnet.
Das erscheint erstmal simpel – doch nur auf den ersten Blick. Oder weißt du auf Anhieb, was du so an Kaffeesteuer, Biersteuer oder Mineralölsteuer bezahlst? Auf dem Kassenbon steht jedenfalls in der Regel nur eine Steuer: die Umsatzsteuer (auch Mehrwertsteuer genannt).
Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer: 7 oder 19 Prozent?
Dabei ist allein die schon kompliziert genug. Denn in Deutschland gibt es zwei verschiedene Umsatzsteuersätze. Seit 2007 beträgt die Steuer für die meisten Produkte und Dienstleistungen 19 Prozent.
Allerdings gibt es auch einen ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Dieser sollte ursprünglich nur für Waren der Existenzsicherung, wie zum Beispiel Lebensmittel gelten. Nach und nach kamen andere Waren oder Leistungen dazu, die besonders gefördert werden sollten, wie etwa Bücher oder der Nahverkehr.
Kassenbon unserer Autorin: „Das erscheint erstmal simpel – doch nur auf den ersten Blick.“ (Foto: Jana Glose / Orange)
Ich starte mein Experiment an einem Samstag, der Wocheneinkauf steht an. Im Wagen liegen unter anderem Butter, Äpfel, Bananen, Wasser, Saft und Milch. Gesamtpreis: knapp 25 Euro. Nach dem Bezahlen sehe ich auf dem Kassenzettel, wie viel Umsatzsteuer ich gezahlt habe:
- 1,25 Euro habe ich an normaler Umsatzsteuer von 19 Prozent und
- 1,28 Euro an der ermäßigten Steuer in Höhe von 7 Prozent gezahlt.
- 2,53 Euro gehen damit insgesamt an den Staat.
Und das war mein allererster Einkauf für diesen Monat. Was wie besteuert wird, regelt übrigens das so genannte Umsatzsteuergesetz sowie eine Liste mit 54 Kategorien zum ermäßigten Steuersatz.
Verbrauchssteuern in Deutschland: So hoch sind Sekt- und Kaffeesteuer 2019
Trotzdem ist für mich nicht immer eindeutig, wann welcher Umsatzsteuersatz gilt. Es ist eher ein Steuer-Chaos und ich wundere mich bei jedem Einkauf über die Besteuerung der Käufe. Während Milch mit 7 Prozent besteuert wird, zahle ich bei Mineralwasser 19 Prozent. Auf einen Apfel zahle ich 7 Prozent, auf Apfelsaft dagegen 19 Prozent.
Und das sind längst nicht alle Steuern, die im Supermarkt anfallen. Das merke ich bei meinem nächsten Einkauf. Da wandern neben einigen Lebensmitteln auch eine Flasche Sekt und ein Pfund Kaffee in den Wagen. Und so kommen die so genannten Verbrauchssteuern ins Spiel.
Anders als die Umsatzsteuer müssen diese Abgaben nicht auf dem Kassenzettel stehen. Als Verbraucherin sehe ich sie gar nicht. Man spricht deshalb auch von versteckten Steuern.
Für meine Flasche Sekt muss ich eine Sektsteuer zahlen. Diese beträgt pro 0,75 Liter-Flasche 1,02 Euro. Hinzu kommen noch 19 Prozent Mehrwertsteuer. Das macht bei 4,99 Euro für die Sektflasche 0,80 Euro. Insgesamt zahle ich also 1,82 Euro Steuern auf den Sekt.
Auf meinen Kaffee wird eine extra Kaffeesteuer erhoben. Bei Röstkaffee liegt der Steuersatz derzeit bei 2,19 Euro pro Kilo, bei löslichem Kaffee werden 4,78 Euro pro Kilo fällig. Ich kaufe 500 Gramm Röstkaffee für 4,99 Euro. Die Umsatzsteuer beträgt dieses Mal nur 7 Prozent. Mit beiden Steuern zusammen zahle ich für den Kaffee 1,50 Euro an Steuern.
Im Laufe der Woche kommt noch die eine oder andere Ausgabe durch Lebensmittel und Drogerieartikel hinzu. Außerdem ein paar Klamotten. Mitte des Monats habe ich so bereits 32,20 Euro an Steuern gezahlt. Und das nur beim Einkaufen.
Umsatzsteuer in Bus und Bahn: 19 Prozent ab 50 Kilometer, 7 Prozent darunter
Am nächsten Wochenende fahre ich zu meinen Eltern. Für den Bus zum Bahnhof zahle ich ohne Semesterticket 2,80 Euro – und davon 7 Prozent Umsatzsteuer. Die Bahnfahrt in die Heimat wird dann allerdings mit 19 Prozent besteuert.
Das Prinzip dahinter: Der Staat fördert den Nahverkehr. Auf Bus- und Bahn-Strecken unter 50 Kilometern gilt deshalb der ermäßigte Steuersatz. Alle Fahrten darüber hinaus werden mit 19 Prozent besteuert. Insgesamt zahle ich für die Fahrt nach Hause Steuern von 15,51 Euro.
Zu Hause angekommen geht es dann mit dem Auto los, zunächst einmal tanken. Hier wird es richtig teuer – denn pro Liter Sprit zahle ich allein 65,45 Cent an Mineralölsteuer. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent.
Bei einem Literpreis von 1,55 Euro gehen rund 90,7 Cent an den Staat. Das ist deutlich mehr als die Hälfte. Für einmal Volltanken mit 40 Litern zahle ich satte 36,28 Euro an Steuern. Das ist wirklich viel.
Umsatzsteuer: Becher Kaffee 19 Prozent, Milchkaffee 7 Prozent
Am Nachmittag treffe ich mich mit Freunden zum Shoppen. Für Klamotten, Drogerieprodukte und Deko zahle ich jeweils 19 Prozent Mehrwertsteuer. Ich gebe knapp 50 Euro aus – und zahle insgesamt 8,77 Euro Mehrwertsteuer.
Zwischendurch gibt es noch einen Coffee to Go. Anders als beim Kaffeepulver aus dem Supermarkt, zahle ich hier den vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Meine Freundin, die einen Milchkaffee zum Mitnehmen bestellt, zahlt nur 7 Prozent. Grund ist der Milchanteil. Liegt der bei mindestens 75 Prozent, gilt der ermäßigte Steuersatz.
Wir gehen zu McDonald’s – und treffen auf den nächsten Unterschied: „Zum Mitnehmen oder hier Essen?“, lautet die Frage, die über den Steuersatz entscheidet. Esse ich vor Ort, muss das Schnellrestaurant 19 Prozent Umsatzsteuer abführen. Nehme ich die Sachen mit, sind es nur 7 Prozent. Als Verbraucher spürst du keinen Unterschied, das Fastfood kostet immer gleich viel. McDonald’s muss nur unterschiedlich hohe Steuern abgeben.
Biersteuer in Deutschland: 9,44 Euro pro Hektoliter Vollbier
Ende des Monats ist Party mit Freunden angesagt. Nicht nur bei Sekt, sondern auch bei Bier kassiert der Staat extra ab. Die Biersteuer richtet sich nach dem Stammwürze-Gehalt des Bieres. Der wird in Grad Plato gemessen. Ein Hektoliter (100 Liter) Vollbier mit 12 Grad Plato ist mit 9,44 Euro Biersteuer belastet.
Das bedeutet umgerechnet: etwa 3 Cent für ein 0,3 Liter-Glas Pils. Zuzüglich der Umsatzsteuer von 19 Prozent zahle ich auf ein Bier für 2,50 Euro also 43 Cent Steuern. Macht bei drei Bier am Abend knapp 1,29 Euro.
Auf dem Weg zur Party kauft sich eine Freundin noch eine Schachtel Zigaretten. Auch hier fallen richtig hohe Steuern an. Pro Kippe kassiert der Staat 9,82 Cent und dazu nochmal 1,30 Euro pro Schachtel. Das macht bei einer Packung mit 20 Zigaretten allein 3,27 Euro Tabaksteuer. Dazu kommt noch die Umsatzsteuer von 19 Prozent. Bei einer Schachtel für 6 Euro macht das 96 Cent.
Insgesamt kassiert der Staat dann 4,23 Euro Steuern für eine Schachtel Zigaretten das sind mehr als 70 Prozent des Verkaufspreises. Mit der hohen Besteuerung versucht die Regierung die Bürger vom Rauchen abzuhalten – und vor schweren Krankheiten zu schützen.
Zurück nach Hause geht es in der Nacht mit dem Taxi. Hier zahle ich noch einmal 7 Prozent Umsatzsteuer auf den Fahrpreis. Bei 15,20 Euro Fahrkosten macht das 2,43 Euro Steuern. Wäre die Taxifahrt weiter als 50 Kilometer gewesen, hätte ich 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen müssen.
Umsatzsteuer und Verbrauchssteuer: So viel zahle ich in Deutschland pro Monat
Der Monat neigt sich dem Ende und ich rechne meine Steuern und Abgaben zusammen. Ich habe Lebensmittel und Drogerieartikel gekauft, bin verreist, war Shoppen und Feiern, habe Benzin und Alkohol getankt:
Insgesamt hatte ich Ausgaben von 624,42 Euro. Ich habe
- 53,91 Euro Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent und
- 14,91 Euro Umsatzsteuer in Höhe von 7 Prozent sowie
- 39,21 Euro Verbrauchssteuern bezahlt.
Das macht zusammen 108,03 Euro Steuern.
Ich finde das ganz schön viel – vor allem, wenn ich bedenke, dass ich selbst nur sehr wenig Geld verdiene. Natürlich ist es schwierig, diesen Betrag zu verallgemeinern.
Der Bund der Steuerzahler fordert, von der Politik, „die Bürger spürbar zu entlasten und nicht ständig neue Ausgaben zu beschließen.“ Die Belastungsquote müsse unter die 50-Prozent-Marke fallen.
Steuern und Abgaben: Deutschland im OECD-Vergleich weit vorne
Fakt ist: In Deutschland zahlen Angestellte laut einer OECD-Studie so viele Steuern und Sozialabgaben wie in kaum einem anderen Industrieland. Bei der Mehrwertsteuer zahlt man allerdings in den allermeisten europäischen Ländern mehr als in Deutschland. Für mich als Studentin mit geringem Einkommen ohne Abgaben ist das Leben in der Bundesrepublik damit noch relativ günstig.
Trotzdem werde ich in Zukunft genauer darauf achten, wie viel von meinen Ausgaben an den Staat geht. Bevor ich mich das nächste Mal darüber aufrege, wie teuer ein Produkt ist, denke ich dann daran, dass im Preis mindestens 7 Prozent und meistens sogar 19 Prozent Steuern stecken.
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