Politiker reden viel und sagen wenig? Das gilt vielleicht für den Bundestag. Dass sie es auch anders können, zeigen sie am politischen Aschermittwoch. Für unsere Autorin lässt das nur einen Schluss zu. Ein (nicht ganz ernst gemeinter) Kommentar.
Angela Merkel steht auf der Bühne beim Weltwirtschaftsforum in Davos und redet. Und redet. Und redet. Und je länger man ihr zuhört (sofern man es schafft, wach zu bleiben), desto mehr fragt man sich: Wie hat diese Frau es nur geschafft, die mächtigste Politikerin der Welt zu werden?
Angela Merkel in Davos: Die langweiligste Rede des Weltwirtschaftsforums
Du willst eine Kostprobe? Dann nimm mal einen tiefen Schluck Kaffee:
„Die Erkenntnis muss sein und ist, disruptive technologische Veränderungen verändern auch unsere Gesellschaften disruptiv und die Bereitschaft gerade in einem alternden Land wie in Deutschland hierauf wirklich Bezug zu nehmen, sich hierauf einzulassen, ist nicht überausgeprägt, ums mal vorsichtig zu sagen.“ Angela Merkel am 24.01.2018 in Davos
Zum Glück kann es unsere Bundeskanzlerin auch anders. Das zeigt sie – wie auch die Spitzenpolitiker der anderen Parteien – jedes Jahr beim politischen Aschermittwoch.
Während sich die Narren und Jecken vom Karneval erholen, geben die Politiker der großen Parteien an diesem Tag Vollgas. Und endlich reden sie Klartext.
„Was wollen wir mit der Digitalisierung erreichen? Wie muss die Bildung für unsere Kinder aussehen? Das Rechnen, Schreiben, Lesen muss besser werden. Gleichzeitig werden unsere Kinder das Programmieren lernen.“ Angela Merkel beim Politischen Aschermittwoch am 01.03.2017 in Demmin
Aus bayrischer Tradition finden die meisten Veranstaltungen in Bierzelten statt. Bierbänke voller (mehr oder weniger) voller Anhänger und jede Menge Bier inklusive. Die Politiker klettern (so gut sie es noch können) auf eine Bühne und auf einmal sitzt die Zunge locker. Auf einmal sprudeln verständliche Sätze aus ihnen heraus wie das Bier aus dem Zapfhahn.
Angela Merkel beim Politischen Aschermittwoch: Die Kanzlerin kann auch Klartext!
Plötzlich bringen die Parteichefs ihre Botschaften auf den Punkt. Statt ein einziges Thema stundenlang auszuführen, schaffen sie in einer Stunde ein ganzes Wahlprogramm. Während sie sich im Bundestag in Schachtelsätzen verlieren, haben sie im Zelt auf einmal einen klaren Kopf. Keine Wortwolken, keine Satzmonster – einfach verständliches Deutsch.
Selten legen sich die Politiker so ins Zeug. Sie lesen kaum etwas ab. Sie wirken euphorisch und übertragen die Euphorie auf ihr Publikum. Einfache Beispiele machen die sonst so trockene, schwerfällige Politik und ihre Themen verständlich.
Für mich lässt das nur einen Schluss zu: Reißt die schnöden blauen Sitze aus dem Plenarsaal in Berlin und stellt ein paar solide Holzbänke rein. Tragt die grauen Mauern ab und stellt ein Zelt auf. Die Glaskuppel kann meinetwegen bleiben – solange ihr darunter einen Oktoberfest-Kranz anbringt. Statt der Mikrofone gibt es Zapfhähne an jedem Platz. Und schon läuft das mit der verständlichen Politik.
Ich bin sicher: Die guten neuen Gesetze kommen dann von ganz allein. Und wenn nicht, trinken wir uns die alten einfach schön. Prost!
Rétablir l'original