Zitat Fallada
"Wir mußten ein ganzes Stück aus der Stadt hinaus wandern, immer mehr kamen wir in Wald. Dann lag das Gymnasium breit gelagert mit hellen freundlichen Häusern vor uns. Es trägt einen alten berühmten Namen und ist heute fast nur Internat. Die Schüler hausen in sechs verschiedenen Häusern, alle Jahrgänge gemischt, unter einem Inspektor und einer Hausdame. [...] Wir beide gingen über den Ehrenhof zwischen den villenartigen Schulhäusern hindurch. 'In einem dieser Häuser wirst du hoffentlich bald wohnen.'"
Autorin
Sagt der Schriftsteller Hans Fallada zu seinem Sohn Uli, als er diesen 1940 zur Aufnahmeprüfung ins Joachimsthalsche Gymnasium in Templin begleitet. Die geradezu magische Aura des Schulgeländes in Templin ergreift wohl jeden, der es betritt. Es ist nicht nur das schlichte, harmonische, nach Vorbild der Gartenstädte konzipierte Gebäudeensemble. Es ist auch die fast dreihundertfünzigjährige Geschichte des Jochimsthalschen Gymnasiums, die dort geradezu greifbar ist. Dabei ist die Schule gar nicht in Templin gegründet worden, sondern, nomen est omen, im nahegelegenen Joachimsthal. 1607 eröffnete Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg dort eine Eliteschule für begabte Knaben. Stine Peisl, kommissarische Geschäftsführerin der Stiftung Gebäudeensemble Joachimsthalsches Gymnasium, betont...
Peisl
"Dass es für die damalige Zeit, also zu Beginn des 17. Jahrhunderts, natürlich absolut bahnbrechend war, dass hier eine Bildungsstätte gegründet wurde, die nicht ausschließlich durch adelige Kinder besucht wurde, weil natürlich dieser Bildungsstandard eigentlich dem Adel des Landes vorbehalten war. Und dann hat man aber gemerkt, dass, wenn man eben Staatsdiener mit Köpfchen braucht, muss man eben einfach noch weiter suchen und sozusagen alle Talente mit aufnehmen."
Autorin
Man wollte sich die Besten für den Staats- und Kirchendienst heranziehen. Entscheidend für die Aufnahme war die Begabung der Kinder, nicht der Geldbeutel der Eltern. Als Vorbild dienten die Fürstenschulen im benachbarten Sachsen, um die Joachim Friedrich von Brandenburg den sächsischen Kurfürsten beneidete. Im 30-jährigen Krieg wurden die Gebäude in Joachimsthal so stark beschädigt, dass Lehrer- und Schülerschaft nach Berlin flohen. Dort logierte die Schule an wechselnden Orten. 1880 zog sie in einen neugebauten Schulkomplex in Berlin-Wilmersdorf. Im stetig wachsenden Berlin wurde es jedoch schnell zu eng, weshalb man sich wiederum für einen Neubau entschied, dieses Mal in Templin, so Wilhelm Gerhardt, ehemaliger Schüler und später auch Dozent an der Schule.
Gerhardt
"Es ist also so, dass das Königshaus die Enge der Schule in Berlin-Wilmersdorf, heute Bundesalle 1-12, bemängelte, obwohl dort meines Wissens auch schon zwei Drittel des Geländes Grünanlagen waren. Aber die Schüler, das waren ja eigentlich nur Jungen, die waren in Massenquartieren, große Schlafräume. Das wollte der berühmte Direktor Dr. Nebe ändern und gemeinsam mit dem Regierungsbaumeister Bräuning bekam er den Auftrag, ein neues Gymnasium zu entwerfen."
Autorin
Die enge Zusammenarbeit des Rektors August Nebe und des Regierungsbaumeisters Fritz Bräuning führte dazu, dass die Architektur perfekt auf die Bedürfnisse des Schullalltags abgestimmt war und die Schule ihrem Anspruch, eine führende Bildungseinrichtung und Vorreiter moderner Pädagogik zu sein, gerecht werden konnte.
Gerhardt
"Die Grundidee war, diese Schule nach dem Prinzip der Gartenstadt zu gestalten. Und hier wurde die Idee so umgesetzt: im Kern sechs Alumnate..."
Autorin
Alumnate werden die Wohnhäuser für die Schüler genannt.
Gerhardt
".... an der Westseite des Geländes der Wirtschaftshof mit dem Beamtenhaus und der Küche. Hier der Verbindungsgang von der Küche zu den Alumnaten, den die Schüler auch Speiseröhre oder im Krieg auch Hungergang nannten, und neben dem Alumnatskomplex nach Osten hin die Direktorenvilla mit Aula und Schulgebäude."
Autorin
Außerdem gab es einen Teepavillon, ein Bootshaus und zwei Tennisplätze. Die Gartenstadtbewegung kam Ende des 19. auf als Reaktion auf die zunehmende Enge in den Städten. So entstanden ganze Stadtteile mit erschwinglichen Häuschen, die von viel Grün umgeben waren und in der Regel über einen eigenen Wirtschaftsgarten verfügten. Über den regennassen Schulhof spaziert eine schmale, ältere Frau, die grauen Haare zu einem festen Dudd gebunden. Sie war zu DDR-Zeiten eine der ersten Schülerinnen des Joachimsthalschen Gymnasiums.
Schülerin
"Ein einziges Mädcheninternat, das andere war ja alles Jungeninternat, das war ja eine Knabenschule."
Milde
"Erinnern Sie sich generell noch an Ihre Schulzeit, wie das hier war?"
Schülerin
"Sehr gerne, obwohl das ein bisschen militärisch war, weil wir ja im Internat waren. Es wurde bisschen roter, aber dann haben wir ja schon den Abflug gemacht."
Autorin
1956 endete die fast 350-jährige Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums. In den Gebäuden kam das neu gegründete "Institut für Lehrerbildung" unter, später eine Fachschule für Kindergärtnerinnen und nach 1990 eine Fachschule für Sozialpädagogik.
Peisl
"Nach dem Krieg bis 1996 wurde diese gesamte Anlage immer für Bildungseinrichtungen genutzt, was für uns jetzt ein großer Glücksgriff ist, weil dadurch keine bauliche Überformung oder völlige Umstrukturierung des Geländes stattgefunden hat."
Autorin
Freut sich die kommissarische Geschäftsführerin der Stiftung Gebäudeensemble Joachimsthalsches Gymnasium Stine Peisl.
Autorin
Doch der jahrelange Leerstand hat seine Spuren auf dem knapp neun Hektar großen Gelände hinterlassen. Die parkänlichen Außenanlagen verwilderten, Dächer wurden undicht. Es gab mehrere Initiativen und Belebungsversuche durch Bürger aus der Umgebung und ehemaliger Schüler. 2014 gründete sich der Förderverein Joachimsthalsches Gymnasium mit dem Ziel, in den Gebäuden eine Europäische Schule entstehen zu lassen. Zwei Jahre später stieß Henrike Reemtsma zufällig auf das Gelände.
Reentsma
"Ich bin hier vorbeigefahren, hab das gesehen und hab gedacht, was ist das? Das sieht ja ganz toll aus. Und bin ausgestiegen und hab mich sofort ins das Areal verliebt und in diese Idee, dass hier eine Schule mit europäischer Prägung entstehen wird und hab kurzerhand mit meinem Mann zusammen eine Stiftung gegründet und dann konnten wir das Areal erwerben."
Autorin
Henrike Reemtsma stammt aus der bekannten Reederfamilie und ist, was das manager magazin eine "philantropische Stifterin" nennt. Mit der Anstiftung aus ihrem Privatvermögen konnte nicht nur das gesamte Gelände erworben werden. Ein sogenanntes "Grünteam" aus sechs festen Mitarbeitern kümmert sich inzwischen fünf Tage die Woche um die Pflege der Außenanlagen und der Gebäude. Außerdem unterhält die Stiftung Gebäudeensemble Joachimsthalsches Gymnasium ein Büro mit zwei Mitarbeiterinnen, die das Projekt Europäische Schule hauptamtlich vorantreiben. Eine von ihnen ist die kommissarische Geschäftsführerin Stine Peisl. Inzwischen deutet alles darauf hin, als würde der Traum von einer Schule in den Räumen des alten Joachimsthalschen Gymnasiums in ein paar Jahren Wirklichkeit werden.
Peisl
"Der Stiftung war ganz wichtig, dass das Land Brandenburg und auch die Bundesrepublik dieses Projekt wollen und sich auch finanziell beteiligen und damit ihre Unterstützung auch sehr deutlich machen."
Autorin
50 Millionen Euro haben das Land Brandenburg und der Bund bereits zugesagt. Das ist die Hälfte der geplanten Investitionssumme von 100 Millionen Euro. Aber auch private Spender und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz tragen wesentlich zum Gelingen bei, weshalb auf dem Schulgelände bereits fleißig gebaut wird.
Kühn von Kaehne
"Wir können ja hier einen kleinen Blick mal auf das Dach werfen... Sie sehen hier rechts an den Gebäuden die Betondachsteine, die sehr undicht sind, wo es Schäden an den Gauben und den darunterliegenden Dachbereichen gibt, wo eine dringende Dachsicherung notwendig ist."
Autorin
Architekt Gerald Kühn von Kaehne plant die Sanierung des Denkmals von nationaler Bedeutung und die Umgestaltung des Geländes für einen modernen Schulbetrieb. Er zeigt auf die Dächer eines Alumnatsgebäudes, dann wendet er sich dem gegenüberliegenden Alumnat zu. Dort ist das Dach bereits frisch gedeckt, die Gauben wurden in Fachwerkbauweise neu aufgebaut. Wir gehen hinein bis ins Dachgeschoss.
Kühn von Kaehne
"Das ist jetzt hier so ein Internatszimmer. Können Sie sich gut vorstellen: hell, großzügig, hohe Decken. Diese Zimmer werden zukünftig für zwei Personen genutzt. Aber mit einem eingebauten Badezimmer beziehungsweie einem WC pro Raum."
Autorin
Henrike Reemtsma reckt sich und zeigt an der Wand zum Flur auf eine kaum erkennbare Linie. Ab dort, sagt sie, waren die Räume früher zum Flur hin offen.
Reemtsma
"Und dann ist die Hausmutter oder Hausdame hier so langspaziert: Ruhe! Schlafen!"
Autorin
Die Anstifterin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Gebäudeensemble Joachimsthalsches Gymnasium war selbst Internatsschülerin in Bayern. Sie läuft den Gang entlang, von dem 16 Zimmertüren abgehen. Es riecht nach frischem Holz.
Reemtsma
"Das ist so unglaublich ermutigend, jetzt hier durchzugehen und zu sehen, was schon passiert ist. Ich freue mich wahnsinnig darüber."
Autorin
An den Giebelseiten befinden sich die Villen, in denen die Oberlehrer mit ihren Familien wohnten. Über verschlungene Gänge und Stiegen sind die großzügigen Häuser mit den Alumnaten verbunden. Jede Villa verfügt über eine Loggia. Man kann sich nur zu gut vorstellen, wie die Lehrer dort saßen und das Treiben auf dem Schulhof beobachteten. Die schlichten Außenfassaden schmücken kleine Medaillons mit Reliefs etwa von Seneca, Goethe oder Schiller, welche die humanistische Ausrichtung des Gymnasiums unterstreichen.
Gerhardt
"Seit Gründung der Schule im Jahr 1607 steht im Foyer die Athene und über der Athene 'Dic cur hic' - 'Sage mir, wozu du hier bist.' Jeder sollte wissen: Wozu bin ich hier. Ich bin hier, um hier die Kultur der Antike einzusaugen und sie umzusetzen in meinem Denken für die Zukunft."
Autorin
Erklärt der ehemalige Schüler Wilhelm Gerhardt. Er freut sich, dass nach so vielen Jahren des Leerstands wieder eine Schule in die Räume des ehemaligen Joachimsthalschen Gymnasiums einziehen soll. Die Europäische Schule soll, wie der Name sagt, Europa im Kleinen abbilden, erläutert die komissarische Geschäftsführerin Stine Peisl.
Peisl
"Dass diese Schülerschaft aus allen Lebenswirklichkeiten Europas kommt, das heißt eben nicht nur aus verschiedenen Nationalitäten, sondern auch aus verschiedenen Elternhäusern, dass wir wirklich ganz Europa hier wiederfinden können. Und das dritte ist, Schule mit Innovation zu verbinden, also Schule hier anders zu machen und das aufzugreifen, was viele Bildungsexperten sagen: interdisziplinäres Handeln, deeper learning, selbstwirksames Lernen, die Neugierde wecken."
Autorin
Die ursprüngliche Struktur mit Alumnaten und Schulgebäude bleibt bestehen. Dazu kommen Neubauten, wie eine moderne Turnhalle, eine Mensa sowie eine große Aula mit Blick über den See und die Forscherwerkstatt.
Peisl
"Das ist so ein neues Herzstück, was entstehen wird. Und was ganz essentiell ist, um sich auf die Zukunftskompetenzen vorzubereiten. Da sollen alle naturwissenschaftlichen Fachräume rein, allein schon wegen der baulichen Anforderungen. Jetzt ist es aber so, dass man eigentlich die Fachbereiche gar nicht mehr unterteilen soll, sondern es geht ganz viel auch um interdisziplinäres Handeln, deswegen gibt es auch Bestrebungen, in diesem Haus nicht nur die klassischen naturwissenschaftlichen Fachräume unterzubringen, sondern auch Werkstätten, bisschen so einen Makerspace, das da nicht nur mit dem Kopf gedacht wird, sondern auch mit der Hand angepackt werden kann.
Reemtsma
"Und das Miteinander vor allem. Darauf liegt der Fokus."
Autorin
Hebt Vorstandsvorsitzende Henrike Reemtsma hervor. Über 400 Schüler aus der Region und ganz Europa sollen in Zukunft in der Europäischen Schule Templin lernen können. Zum Vergleich: 1912 wurden die Alumnate für 150 Schüler konzipiert.
Autorin
Etwas abseits vom U-förmigen Ehrenhof mit den Alumnaten befindet sich das eigentliche Schulgebäude. Ein großzügiges Treppenhaus führt in der Mitte nach oben, von dem lange Gänge mit hohen Klassenzimmern abgehen. In einem Raum sind ein paar historische Möbel zusammengetragen, eine alte Tafel, Pulte mit Vertiefungen für Feder und Tinte, Vitrinenschränke.
Kühn von Kaehne
"Die Einrichtung der Schule – da sind nur noch wenige Möbel erhalten geblieben. Ein Großteil existiert heute nicht mehr."
Autorin
Auch in der einst größten Schulbibliothek des Deutschen Reichs herrscht gähnende Leere. Kein einziges Buch steht in den Regalen.
Peisl
"Tatsächlich war die Schulbibliothek des Joachimsthalschen Gymnasiums teilweise die größte Schulbibliothek Deutschlands, hatte einen ganz umfangreichen Musik- und auch Notenbestand. Leider ist ein Großteil des Bestandes der Bücher und der Noten nach Kriegsende Richtung Tiflis gewandert. Dazu gibt es tatsächlich vom Förderverein eine Initiative, die versucht, diese Notenbestände zu finden und mal sehen, ob man davon wieder etwas nach Templin holen kann. Wir reden von fast 40.000 Exponaten."
Autorin
Ein Teil der Bestände gelangte in die Berliner Staatsbibliothek. Kostproben aus diesen Schätzen konnten die Besucher während des Grundton D-Konzerts hören, zurückgelehnt in die weich gepolsterten Klappsessel der historischen, neoklassizistischen Aula.
Peisl
"Die ist sehr, sehr gut erhalten, sowohl die Aula, als auch die Empore, als auch die Bühne mit Bühnenhinterräumen und dann dem Zugang zum Schulturm."
Autorin
Geschäftsführerin Stine Peisl klettert auf die Bühne und schließt eine kleine Tür auf. Eine schmale Treppe windet sich nach oben in den Turm. Auf halber Höhe sehen wir Baustützen, die unter die nasse Holzdecke geklemmt sind.
Peisl
"Das ist genau der wetterseitige Außenbereich, einfach massiv nass und marode und
muss jetzt gemacht werden, am besten noch vor dem nächsten Winter."
Autorin
Die Einnahmen des vom Deutschlandfunk und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gemeinsam veranstalteten Grundton D-Konzerts fließen in die Sanierung des 40 Meter hohen Schulturms, so Henrike Reemtsma und Stine Peisl. Denn zur Sanierung des Turms braucht es ein spezielles Hängegerüst.
Reemtsma
"Die Fenster, die hier ausgehängt sind, die sind deshalb ausgehängt, weil hier das Gerüst durchkommt."
Peisl
"Also das ist nur ein Hilfsgrüst, darüber wird der Träger gelegt, dann wird das runtergenommen und dann hängt sich fast die Hälfte des Gerüstes fast so ineinander auf, weil wir ja auf den Dachflächen nicht abstützen können. Die werden ja auch saniert."
Reemtsma
"Das ist ein Bauwerk und auch die Kosten entsprechen einem Bauwerk."
Autorin
Unterhalb der Sternwarte, die sich auf der Spitze des Schulturms befindet, betreten wir vorsichtig die Außenterrasse.
Kühn von Kaehne
"Der Schulturm ist eine Landmarke hier in Templin."
Autorin
Sagt Architekt Gerald Kühn von Kaehne, während Regen auf seinen Schirm prasselt.
Kühn von Kaehne
Sie müssen sich das vorstellen, dass diese Terasse komplett geöffnet werden muss, weil die tragende Konstruktion defekt ist."
Peisl
"Im Turm ist wieder eine Sternwarte geplant. Dafür bietet er sich einfach an. So eine Aussicht wie hier oben gibt es dann eigentlich nirgendwo anders. Und unter der Sternwarte verschiedene andere Fach- und Aufenthaltsräume für die Schülerinnen und Schüler."
Autorin
Wir lassen den Blick über die Dächer schweifen. 12 Tausend Quadratmeter Dachfläche hat das Joachimsthalsche Gymnasium. Ein großes Alumnatsgebäude ist bereits mit leuchtend roten Biberschwänzen gedeckt, das Direktorenhaus neben dem Schulgebäude hat soeben eine neue Dachlattung bekommen.
Reemtsma
"Die schon fertigen Dächer, also ich kann mich da gar nicht satt sehen"
Autorin
Schwärmt Stifterin Henrike Reemtsma. Das Schulgelände liegt direkt am Templiner Stadtsee, umgeben von einem weitläufigen Kiefernwald. Darin ist ein strahlenförmiges Wegenetz angelegt, das immer neue Blickachsen zwischen Gebäuden, See und der umliegenden Landschaft eröffnet. Die Beziehung zwischen Gebäuden und Landschaft ist ein wesentliches Gestaltungsmerkmal, sagt Architekt Gerald Kühn von Kaehne.
Kühn von Kaehne (man hört Regen)
"Dieser Architekt Bräuning, der hat also nicht nur die Gebäude geplant, sondern auch die Außenanlagen und deshalb ist das heute so aus einem Guss. Es ist natürlich zukünftig wichtig, dass die Außenanlagen auch Bestandteil der Sanierungsmaßnahmen sind."
Autorin
Schon als das Gymnasium noch Fürstenschule war, gehörten große Gärten zum Schulgelände. Heute sieht man zwischen den Gebäuden fast überall nur Wiese. Früher gab es Rabatten vor den Gebäuden, Schulgärten, Wirtschaftsgärten, ein Gewächshaus und einen Lehrgarten. Der liegt an der stadtauswärtigen Giebelseite des Schulgebäudes. Inzwischen ist der Garten unter dem Namen Lehmanngarten bekannt, benannt nach seinem Gründer Gustav Lehmann.
Gerhardt
"Der Gustav Lehmann stammte aus kleinen bäuerlichen Verhältnissen und dann hat er sich durch eigene Kraft bis zum Mittelschullehrer hochgearbeitet. Nach einer Lehrerzeit hier in Brandenburg wurde er dann 1880 an das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin berufen und widmete sich besonders der Botanik. Als dann der Umzug beschlossen war, begründete er mit klaren Vorstellungen am Joachimsthalschen Gymnasium in Templin diesen botanischen Garten."
Autorin
Gustav Lehmann, der 1913 für seine Leistungen den Professorentitel erhielt, streifte durch die umliegenden Landschaften und schuf aus seinen Pflanzenfunden, unter denen sich auch echte Raritäten befanden, einen 2500 Quadratmeter großen uckermärkischen Artengarten.
Gerhardt
"Und das gelang ihm so perfekt. Mit zwei Hügeln, mit einem Moorbeet, mit einem Gartenteich."
Autorin
Schmale Wege schlängeln sich durch den gepflegten Garten mit kleinen, thematisch geordneten Beeten: Kräuter, Giftpflanzen, Steingartenpflanzen, Färberpflanzen. Auch ein kleines Wäldchen gibt es.
Gerhardt
"Da geben wir uns große Mühe, dass diese Waldlandschaft nicht verbuscht. Hier haben wir zum Beispiel eine Fläche, die ist bestimmt aus Lehmanns Zeiten."
Autorin
Bereits als Schüler hatte Wilhelm Gerhardt in der 9. Klasse in dem Lehrgarten Pflanzen bestimmt, als er 1976 als Dozent für das Fach Schulgartenunterricht und Heimatkunde am Institut für Lehrerbildung nach Templin zurückkehrte, war das grüne Klassenzimmer vergessen, teils verwaldet, teils als Spielplatz genutzt.
Gerhardt
"Und dann bin ich über den Zaun geklettert und dann stellte ich fest, ach, da stehen ja noch ein paar interessante Pflanzen, die sonst hier nicht sind und ich fand dann über 40 Pflanzen die noch aus der Zeit des alten botanischen Gartens stammten."
Autorin
Von einer Enkelin Lehmanns erhielt Wilhelm Gerhardt eine Zeichnung, wie der Garten angelegt worden war und arbeitete mit Unterstützern viele Jahre daran, die historische Anlage wiederherzustellen. So war der Lehmanngarten über all die Jahre des Leerstands die Konstante des Joachimsthalschen Gymnasiums:
Gerhardt
"Das war meine Eingebung hier: Hier eine Insel schaffen, wo das Gymnasium weiterlebt, wo seine Geschichte weiterlebt und zeigt, hier könnte was in der Zukunft draus werden."
Autorin
Und in wenigen Jahren werden auch wieder Kinderstimmen durch das ehemalige Joachimsthalsche Gymnasium schallen, ist Anstifterin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung Gebäudeensemble Joachimsthalsches Gymnasium Henrike Reemstma überzeugt. Einen Eröffnungstermin gibt es noch nicht, aber zunächst soll es mit einer kleinen Schülerzahl losgehen. Und je mehr Gebäude saniert sind, werden auch immer mehr Schülerinnen und Schüler dazukommen.
Reemtsma
"Jetzt dauert es doch ein bisschen länger, aber es wird dafür richtig gut. Irgendwann werden hier wieder Schüler leben. Das ist doch die Hauptsache!"
Rétablir l'original