Dirk Habermann (48) und Lars Georg Kiefer (47) sind Fans von Fortuna Köln. Wenn sie im Südstadion oder bei Auswärtsspielen nebeneinander sitzen, erfüllen sie ein Klischee, das gern bemüht wird, wenn von Kultvereinen berichtet wird: Da sitzt der Angestellte neben dem Punk. Das ist aber nicht alles. Wann immer es die Zeit erlaubt, sind sie beim Fanradio aktiv. Ehrenamtlich und vollkommen parteiisch für das eigene Team übertragen sie das Geschehen auf dem Rasen via Internet.
Seit wann gibt es das Fanradio?HABERMANN: Seit gut zwei Jahren. Es wurde vom Fanbeauftragten Ingolf Stollens und Fortuna-Fan Kathrin Arnoldy 2015 angeregt. Mit Fan Eric stieß ein weiterer Kollege dazu, als es dann gegen Ende 2015 an den Start ging. Ich kam etwas später hinzu. Im Idealfall moderieren wir zu zweit. Wenn einer mal nicht kann, springt beispielsweise Lars Georg gern ein. KIEFER: So ist es, ich bin durch puren Zufall ans Mikrofon gekommen, als Ersatz für Kathrin. Völlig überraschend war das, aber die Leute haben hinterher gesagt, dass es okay war. Ich bin auch überhaupt kein Sportreporter, aber es macht riesigen Spaß.
Sie sind beide keine Radioprofis und auch keine Journalisten. Was treibt Sie an, diese Übertragungen zu organisieren?HABERMANN: Ich habe mir gedacht, Quatschen kann ich gut, deswegen bin ich eingestiegen. Ich bin schließlich Außendienstler und mache im Beruf auch nichts anderes. KIEFER: Ich habe schon etwas Mikroerfahrung, aber in einem ganz anderem Bereich, nämlich einem Internetradio für Punkrock.
Wie kommt ein Punker zu Fortuna. Gehen die nicht meist zum FC St. Pauli?KIEFER: Es war tatsächlich so, dass ein Spiel von St. Pauli im Südstadion mein erstes Fortuna-Spiel war. Meine Kumpels hielten alle zu St.Pauli. Ich fand hinterher Fortuna irgendwie cooler.
Herr Habermann, Sie haben auch über einen kleinen Umweg zu Fortuna gefunden, oder?HABERMANN: Ich bin ja noch nicht so lange aktiv dabei. Zudem spielte in meiner Familie Fußball überhaupt keine Rolle. Aufmerksam wurde ich durch Zufall, als ein Nachbar mich fragte, ob er bei mir das Derby vom FC gegen Fortuna schauen dürfte, weil bei ihm die Übertragung irgendwie nicht klappte. Das war 1998 das erste Zweitliga-Derby, das die Fortuna 4:2 gewann. Da dachte ich mir erstmals: Ach sieh mal an, die Fortuna. Es dauerte aber noch, bis ich mal ins Stadion gegangen bin. Die ganzen Jahre des Absturzes habe ich nicht so verfolgt.
Herr Kiefer, sind Sie mit der Fortuna über die Dörfer gezogen, als die Gegner Freialdenhoven, Alfter oder Kall hießen?KIEFER: Jawohl. Und wir haben mit dem Fanclub SC Mülltonn auch damals versucht, ordentlich Stimmung zu machen.
Und jetzt, wo Ihre Lieblinge immerhin Dritte Liga spielen, haben Sie den Doppelhalter gegen ein Mikrofon eingetauscht? Wie kam das denn?KIEFER: Gesundheitlich bedingt muss es ich etwas ruhiger angehen lassen. Aber ich bin immer noch gern mit den Jungs von Fanclub im Block auf dem Stehplatz.
Wenn man Fanradio macht, sitzt man meist auf der Pressetribüne mit Pult und bester Sicht auf das Spielfeld. Das ist doch sicher auch attraktiv?HABERMANN: Das stimmt, doch bequem ist es dafür nicht überall. Das fängt bei der Technik an. Im Südstadion gibt es kein WLAN und zuletzt in Meppen auch nicht. Da muss man mit dem eigenen Handy improvisieren.
Hat man denn überall ausreichend Netz? Was ist, wenn sich das Stadion in einem Funkloch befindet?HABERMANN: Das kommt leider vor, und die Fans, die uns hören wollen, sind dann entsprechend verärgert. So etwas gab es vor einem Jahr in Wachtberg beim Pokalspiel. Das Fanradioteam stand am Spielfeldrand halb im Gebüsch, damit es Netzverbindung gab. Mit Bierbank und Getränkekisten hat Eric damals einen halbwegs brauchbaren Arbeitsplatz gebaut. Umso stolzer waren wir, dass Trainer Uwe Koschinat zum Kurz-Interview zu uns kam.
Was sagen die Profi-Kollegen?HABERMANN: In Jena hat uns der Antenne-Thüringen-Reporter gelobt. Er hätte viel Spaß gehabt, wenn er Kathrin und mir in seinen Sprechpausen zuhören konnte. Wenn es auch "gegnerische" Fanradio-Kollegen vor Ort gibt, ist das Verhältnis meist gut. Die helfen uns dann auch schon mal dabei, alles ans Laufen zu bekommen.
Wann kann man Sie wieder hören?KIEFER: Am Samstag, ab 14 Uhr, vom Heimspiel gegen Würzburg. Der Link lautet http://fortuna.janzen-edv.de/fortuna.html.
HABERMANN: Hoffentlich kommt alles gut rüber, denn ein stabiles Internet im Südstadion, das ist eher ein Träumchen...
STECKBRIEF
Lieblingsort im Zollstock?Stehplatz Mitte im Südstadion und das "Mäuerchen" am Haupteingang. Lieblingsrestaurant oder -kneipe?
Der Alte Zollhof in der Herthastraße Was ist gut?
Die unkomplizierte und sehr bunt gemischte Nachbarschaft. Die Bodenständigkeit der meisten Leute. Was könnte besser sein?
Die Erreichbarkeit mit Bus und Bahn und die Radwege.
Zu den PersonenLars-Georg Kiefer (47) wurde in Bad Hersfeld geboren. Als Beruf gibt er "Punker" an. Dirk Habermann (48) arbeitet im Außendienst für ein Softwareunternehmen. Gebürtig ist er aus dem Bergischen Land.
MENSCHEN IM VEEDEL