iRights.info: Herr Müller, wie nehmen Sie als Bibliothekswissenschaftler das Verhältnis zwischen Wissenschaftler*innen und Wissenschaftsverlagen wahr?
Harald Müller: Nun, Wissenschaftler*innen wollen mit ihren Publikationen kein Geld verdienen. Sie wollen, dass ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse von Kolleg*innen gelesen und möglichst weit verbreitet werden. Der Fortschritt, der durch die Wissenschaft erzielt wird – denken Sie mal an die Forschung nach Impfstoffen gegen den Covid-19-Virus – dient dem Wohle aller. Der Hauptzweck von wissenschaftlichen Forschungen ist also der Wissensgewinn. Für diesen Wissensgewinn wollen sie zu einer bestimmten Frage möglichst umfassend alle verfügbaren Quellen relativ zügig zur Verfügung gestellt bekommen.
iRights.info: Häufig sind das Aufsätze und Artikel in renommierten Fachzeitschriften von international agierenden Fachverlagen…
Harald Müller: … ganz genau. Die Wissenschaftseinrichtungen, Bibliotheken und Gedächtnisinstitutionen müssen Abonnements bezahlen und Monografien kaufen. Dafür nutzen sie öffentliche Gelder. Doch in der Wissenschaft ist die Menge der verfügbaren Mittel begrenzt. Keine Bibliothek kann sich alle Abos aus der ganzen Welt leisten.
iRights.info: Die Wissenschaftsverlage sind aber nach wie vor auf den Verkauf von Abonnements angewiesen, die gehören zu ihrem Geschäftsmodell.
Harald Müller: Die Verlage agieren gewinnorientiert, sie wollen Geld verdienen, das verstehe ich. Doch die Gewinne, die ein Wirtschaftsunternehmen erzielt, in diesem Fall Verlagshäuser, dienen in erster Linie dem Verlag und den Verlagsmitarbeitern; in gewissem Maße auch der öffentlichen Hand, weil die Verlage Steuern zahlen.
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