Nicht nur Studis, auch immer mehr Menschen jenseits der dreißig ziehen
in WGs. Was treibt Professorinnen und Familienväter dazu, sich mit
anderen Kühlschrank und Putzdienst zu teilen?
Niels
sitzt auch dann im Sonnenuntergang vor den Klostermauern, wenn es
regnet. Der IT-Spezialist hat sich das Kloster Allerheiligenberg für
Videocalls als unbewegliches Hintergrundfoto eingestellt. Zu
Jahresbeginn hat er sein Zimmer auf der Anlage bezogen, die lange Zeit
vom katholischen Oblatenorden bewohnt wurde, dann kurz leer stand und
seit 2014 eine Wohngemeinschaft von Jung und Alt ist. Die elf Bewohner
haben alle ihre ganz persönliche Motivation und Lebensgeschichte auf den
Berg unweit von Koblenz mitgebracht.
Niels, 45 Jahre alt, hat
sich von 150 Quadratmetern Wohnfläche auf eine Mönchszelle von 15
Quadratmetern verkleinert. Freiwillig. Nach der Trennung von seiner Frau
suchte der dreifache Familienvater nach Zusammenhalt und stieß bei
Ebay-Kleinanzeigen auf die Kloster-WG. „Alleine in einer Wohnung wäre
mir die Gefahr viel zu groß, in Selbstmitleid zu verfallen“, sagt Niels.
Bis zwei Uhr nachts habe er schon in der gemeinsamen Küche gesessen und
mit anderen über das Leben geredet. Er hat mit Michaela, der studierten
Quartiersmanagerin, die WG-Einkäufe hochgeschleppt und sich von Christa
die goldene Regel des Mittagessens erklären lassen: „Wer kocht, muss
nachher nicht abspülen.“
Weiterlesen unter: FAZ PLUS
Rétablir l'original