Stand: 06.12.2017 18:43 Uhr
Das russische Olympia-Team ist von den Winterspielen 2018 in Südkorea ausgeschlossen worden. Das hat das IOC in Lausanne am Dienstag entschieden.
Seit Monaten versuchen russische Medien das Bild eines staatlich organisierten Dopingsystems als Lüge darzustellen. In einer Art Informationskrieg verbreiten sie die Propaganda des Kreml. Dessen Botschaft: Die Dopingermittlungen gehen auf eine Intrige des Westens zurück. Präsident Putin hatte sich immer wieder persönlich für die russischen Sportler eingesetzt und die Vorwürfe kritisiert.
Enge Verbindung zwischen Sport und PolitikDass Sport in Russland von nationaler Bedeutung ist, zeigte zuletzt der Ort der Auslosung zur Fußball Weltmeisterschaft: der Kreml. Sport, Medien und Politik seien in Russland traditionell eng verbunden, sagt der Medienwissenschaftler Christoph Bertling von der Deutschen Sporthochschule in Köln. "Der russische Sport hat keine Autonomie im eigentlichen Sinne", so Bertling. "Es ist die russische Geschichte des Sports, dass er auch für eine politische Botschaft, für Macht und Patriotismus steht."
Bei der WM-Auslosung am Freitag im Kreml nutzten ausländische Sportjournalisten die Gelegenheit für kritische Fragen an Vize-Ministerpräsident Witali Mutko. Und der regierte ungehalten: "Ich stelle mich jedem Gericht, jedem Komitee und beantworte alle Fragen. Die Antwort ist: In diesem Land gibt es und gab es nicht staatlich gefördertes Doping. Das haben wir nicht nötig."
Medien im "Inofrmationskrieg"?Russische Journalisten sprangen ihm zur Seite: Die Daten seien gefälscht. Dabei ist die Beweislage dank des Wistleblowers Grigori Rodschenkow so umfangreich wie nie zuvor. Der ehemalige Leiter des Moskauer Dopinglabors packte aus und machte das systemtische Dopingsystem in Russlands Sport transparent. Er floh er in die USA und lebt seitdem im Zeugenschutzprogramm.
Doch in den meisten russischen Medien wird das anderes dargestellt, sagt Christoph Bertling: "Es ist nicht nur ein Informationskrieg, sondern es geht auch um journalistische Informationshoheit. Es geht darum, den Interpretationsspielraum und Deutungsrahmen der anderen Seite in gewisser Weise zu zerstören, es dem Publikum zu zeigen und den eigenen Narrationsraum aufzubauen. Das ist schon viel subtiler und viel cleverer und weiter gedacht als es früher war."
Mehrgleisige Strategie russischer MedienDie WADA glaubt dem Kronzeugen. Aus Sicht des Kreml verbreitet Rodschenkow aber gefälschte Dopingbelege. Die Propagandisten fahren eine zweigleisige Strategie: Einerseits leugnen sie die Beweise, andererseits versuchen sie die Berichterstattung in ausländischen Medien zu widerlegen - bzw. ad absurdum zu führen.
Christian Mihr, Geschäftsführer von "Reporter ohne Grenzen", hat selbst in Russland gelebt und gearbeitet. "Ich mag den Begriff Informationskrieg überhaupt nicht, weil er einseitig von der russischer Seite gewählt wurde. Ich glaube, Journalisten sollten nicht den Fehler machen auf einen einseitig erklärten Informationskrieg einzusteigen."
Auch Christoph Bertling von der Deutschen Sporthochschule in Köln sieht Fehler in der deutschen Berichterstattung: "Man hat sehr starke, plakative Headlines genommen. "Die Welt zu Gast bei Dopern", das ist zum Schmunzeln, das ist nett. Andererseits ist es sehr tendenziös und sarkastisch und viele Berichte glichen auch eher Kommentaren." Aus seiner Sicht ein Fehler: "Journalismus sollte mit den Fakten arbeiten. Man darf nicht der russischen Propaganda den Gefallen und in diesen Krieg einsteigen."
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ZAPP | 06.12.2017 | 23:20 Uhr