StockholmSchock in Schweden: Die rechtspopulistischen, ausländerfeindlichen Schwedendemokraten sind aus den Parlamentswahlen am Sonntag als drittgrößte politische Kraft hervorgegangen. Die bisherige bürgerliche Regierungskoalition unter Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ist der große Verlierer der Wahlen, doch auch die rot-rot-grüne Opposition kommt nicht auf eine eigene Mehrheit. Reinfeldt erklärte noch am Abend seinen Rücktritt. „Im kommenden Frühjahr werde ich auch den Parteivorsitz abgeben", sagte er.
Fröhliche Gesichter waren deshalb am späten Sonntagabend in Stockholm Mangelware. Selbst Stefan Löfven, sozialdemokratischer Oppositionsführer, gelernter Schweißer und vermutlicher neuer schwedischer Regierungschef, schaffte kaum mehr als ein geqältes Lächeln hervorzubringen, als er am späten Sonntagabend vor seine Anhänger trat. Löfven hält dagegen: „Wir werden zusehen, dass die Schwedendemokraten keine Königsmacher-Rolle bekommen."
Zwar sind seine Sozialdemokraten nach acht Jahren in der Opposition wieder zurück in den Regierungskorridoren, und dennoch schien dem ehemaligen Gewerkschaftsboss bereits zu schwanen, dass in den kommenden Wochen eine fast unlösbare Aufgabe auf ihn zukommt. Denn seine Sozialdemokraten erzielten mit 31,3 Prozent der Stimmen eines der schlechtesten Ergebnisse in der Geschichte der schwedischen Sozialdemokratie. Schwerwiegender ist noch, dass er selbst zusammen mit den Grünen und der sozialistischen Linkspartei keine eigene Mehrheit erreicht.
Nach Auszählung fast aller Stimmen kommen die bisherigen Oppositionsparteien auf 43,7 Prozent. Die Regierungsparteien vereinten 39,3 Prozent der Stimmen auf sich. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten, mit denen keiner der Blöcke zusammenarbeiten will, bekamen 12,9 Prozent der Stimmen. Das Regieren wird also schwierig in dem nordeuropäischen Land. Löfven war das bewusst, und sogleich warb er um Unterstützung im bürgerlichen Lager. Doch ob er damit ein Ende der bislang eingemeißelten Block-Politik einleiten kann, ist mehr als ungewiss.
Sicher ist, dass die bisherige bürgerliche Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt nicht mehr das Vertrauen einer Mehrheit der Wähler erhielt. Reinfeldts eigene konservative Partei verlor rund sieben Prozent der Stimmen, und das konnten auch seine Koalitionspartner, die Christdemokraten, Liberale und der Zentrumspartei, nicht auffangen. „Bei dieser Wahl gibt es mit einer Ausnahme eigentlich nur Verlierer", räumte der konservative Europa-Parlamentarier Gunnar Högmark ein.
Großer Sieger der Wahlen sind die rechtspopulistischen und ausländerfeindlichen Schwedendemokraten. Mit rund einem Achtel der Stimmen wird die aus der Neonazi-Bewegung hervorgegangene Gruppierung drittgrößte politische Kraft in Schweden. Gegenüber den Wahlen vor vier Jahren verdoppelte sie nahezu ihren Stimmenanteil. Schwerwiegender ist, dass die Partei mit ihrem Vorsitzenden Jimmie Åkesson zum Zünglein an der Waage wird.
Zwar haben die etablierten Parteien eine Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten ausgeschlossen, doch da keiner der großen politischen Blöcke eine eigene Mehrheit erzielte, kommt der Partei eine entscheidende Rolle zu. „Wir werden eine ganz wichtige Kraft in der schwedischen Politik", freute sich Åkesson.