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Polemiker mit Präsidentschaftsambitionen

Eric Zemmour, geboren 31. August 1958 in Paris, ist ein umstrittener Journalist, Autor und eventuell ein zukünftiger Präsidentschaftskandidat. 

Vor ein paar Wochen noch unvorstellbar: Der rechtsextreme Polemiker Eric Zemmour, der eine Kandidatur für die französischen Präsidentschaftswahlen 2022 weder verneint noch bestätigt, erlebt momentan einen kometenhaften Aufstieg. Die Gunst seiner potenziellen Wähler katapultiert ihn laut der am 6. Oktober veröffentlichten Bürgerumfrage auf den zweiten Platz. Fände die erste Runde der Wahlen bereits diesen Sonntag statt, würde Zemmour mit 17 Prozent an den Kandidaten Marine Le Pen (15 Prozent) und Xavier Bertrand (13 Prozent) vorbeiziehen und im Duell auf Emmanuel Macron treffen, der mit 24 Prozent die meisten Stimmen erhielt.


Provokation als Leitmotiv

Trotz mehrfacher Versuche schaffte es Eric Zemmour nie an die Pariser Elite-Uni ENA, die allgemein als Grundstein einer Karriere im Staatsdienst gilt. Stattdessen machte er den Journalismus zu seiner politischen Bühne und mauserte sich vom Reporter für Nachrichtenmagazine zum Kolumnisten mit spitzer Feder. Heute gehören Leitartikel und Talkshows zu seinem Spezialgebiet. Er provoziert, polarisiert und polemisiert mit beispielloser Medienpräsenz: Feminismus und die Anti-Sexismus-Bewegung #metoo bezeichnet er als „Vernichtungskrieg gegen den weißen, heterosexuellen Mann.“ Den „Zerfall“ der französischen Nation und die zunehmende Gewalt im Land führt Zemmour - selbst algerischer und jüdischer Abstammung – auf die französische Einwanderungspolitik zurück. Seine politischen Plädoyers sorgen regelmäßig für Furore, so auch geschehen als er vor Kurzem eine gesetzlich verankerte Verpflichtung forderte, den Kindern ausländischer Eltern einen französischen Namen zu geben, um „Integration zu fördern und Diskriminierung zu bekämpfen.“


Parteilos und verurteilt

Aufgrund rassistischer und antisemitischer Äußerungen in der Öffentlichkeit und in seinen Büchern „Der französische Suizid“. (2014) und „Das französische Schicksal“ (2018) wurde Eric Zemmour in den vergangenen Jahren bereits mehrfach wegen Volksverhetzung strafrechtlich verfolgtund verurteilt.  Doch das schadet seiner Beliebtheit offenbar nicht, im Gegenteil: Seit man die theoretischen Ambitionen auf die Präsidentschaft in seinem neuen Buch „Frankreich hat sein letztes Wort noch nicht gesprochen“ (August 2021) nachlesen kann, scheint er den französischen Bürgern immer sympathischer zu werden. Das Kalkül Spekulationen für sich arbeiten zu lassen, scheint aufzugehen.

Neben seiner eigenen Inszenierungskunst beflügeln vermutlich auch die Niederlagen Marine Le Pens Zemmours Aufstieg. Die verlorene Präsidentschaftswahl 2017, die darauffolgenden internen Unruhen und die große Schlappe der Regional- und Departementswahlen, bei denen die rechtsextreme Partei Rassemblement Nationale keine der lokalen Exekutiven gewinnen konnte, hinterlassen eine Lücke, die Eric Zemmour – aktuell ohne Partei –  eventuell ausfüllen will. „Jeder hat verstanden, dass sie niemals gewinnen wird“, sagte er bei einem seiner letzten TV-Auftritte.