1 abonnement et 3 abonnés
Article

Teenage Engineering TP-7: Die Schweden drehen am Rad

Teenage Engineering TP-7: Die Schweden drehen am Rad

Um Produkte von Teenage Engineering zu beschreiben, genügt ein Satz: Man nehme etwas Dieter Rams, kombiniert es mit ein wenig Apple, gibt viel Liebe zum Sound dazu - und verkauft es teuer. Die Schweden bauen exzellentes Audio-Equipment fürs Auge und für gut gefüllte Portemonnaies. Das gilt auch für den TP-7: Der kleine Rekorder wirkt mit dem Bedienrad und der klassischen Bedientasten für Aufnahme und Play wie eine Mischung aus einem iPod der ersten Stunde und einem Kassettenrekorder der Firma Braun. Aber Optik ist hier kein reiner Selbstzweck, sie hat hier auch eine Funktion. Das Rad, das wie ein Plattenteller fast zentriert auf dem Gerät prangt, dreht sich im Betrieb. Entsprechend kann ich wie auf Vinyl scratchen, indem ich das Rad mit dem Finger leicht hin und her bewege. Und läuft eine Aufnahme, kann ich diese pausieren, indem ich das Rad anhalte. An der Seite befindet sich darüber hinaus eine Wippe, um vor- und zurückzuspulen. Der TP-7 kam mir im Test fast wie ein Fidget Spinner vor: Es macht einfach Spaß, damit herumzuspielen. Allerdings wirkt die ganze Verarbeitung auf mich sehr filigran und empfindlich. Ich würde den TP-7 wahrscheinlich nur vorsichtig in meiner Wohnung nutzen wollen und nicht draußen für meinen Outdoor-Podcast.

Im kleinen TP-7 ist ein Mikrofon eingebaut, das recht ordentlich Sprachnotizen oder Umgebungsgeräusche aufnimmt. Für Aufnahmen in höherer Qualität sollte unbedingt ein Mikrofon angeschlossen werden. Oder bis zu vier, denn der TP-7 hat dafür drei Mini-Klinken-Buchsen, die jeweils als Eingang oder Ausgang genutzt werden können und ein USB-Anschluss. Rein optisch würde sich natürlich das Mikrofon CM-15 von Teenage Engineering anbieten, allerdings schlägt das noch einmal mit rund 1.200 Euro zu Buche. Im Test habe ich darüber hinaus mein Shure MV88+ per USB angeschlossen, was super funktionierte. Per Miniklinke können drei Mikrofone oder andere Audioquellen verbunden werden. Jeder Anschluss kann als Stereo-Spur oder zwei Mono-Spuren konfiguriert werden. Ich habe einen Plattenspieler angeschlossen und ein paar Songs aufgenommen. Alle Aufnahmen landen auf dem mit 128 Gigabyte großzügig bemessenen internen Speicher. Das kleine Display zeigt ein paar rudimentäre Informationen zum aktuellen Status an, zum Beispiel welche Track-Nummer gerade geladen wurde. Auch alle Einstellungen zur Aufnahme, den genutzten Kanälen oder dem Pegel sieht man lediglich auf dem winzigen Monochrom-Screen. Navigiert wird innerhalb des Menüs durch eine Kombination von drücken und drehen verschiedener Tasten und des Rades. Das Klingt genauso kompliziert, wie es ist.

Ganz spannend finde ich dagegen die Memo-Funktion: Bei einem Druck auf die große Seitentaste startet sofort die Aufnahme, die läuft, solange ich die Taste drücke. Starte ich nun die entsprechende Geräte-App auf meinem Smartphone, wird damit die Sprachnotiz in einen schriftlichen Text transkribiert. Leider funktioniert das im Augenblick nur auf englisch, aber weitere Sprachen sollen folgen. In Verbindung mit dem Mischpult TX-6 entpuppt sich das Aufnahmegerät zu einem kompletten Studio: Jede zuvor aufgenommene Spur lässt sich einzeln ansteuern und verändern - dafür stehen ein paar akustische Filter zur Verfügung.

Aufnahmen im aktuellen 32-Bit-Modus sind zwar nicht möglich, aber immerhin im High-Res-Format mit 24-bit und 96 kHz. Das gilt auch fürs Abspielen von eigenen Musikinhalten. Ich habe ein paar Alben im WAV- und FLAC-Format hochgeladen und den TP-7 so als Mini-Tonbandgerät genutzt. Der Klang über den eingebauten Mini-Lautsprecher ist natürlich sehr mäßig, über einen kabelgebundenen Kopfhörer dafür sehr schön. Eine Verbindung per Bluetooth ist leider nicht möglich, dieser Funkkanal steht lediglich für Midi-Geräte zur Verfügung. Der Akku, der per USB-C aufgeladen wird, hält dafür bis zu sieben Stunden durch. Das reicht sogar für sehr ausgedehnte Aufnahmesessions.

Der TP-7 hat unzweifelhaft einen „haben wollen"-Effekt. Es macht großen Spaß, damit Aufnahmen zu starten, die Navigation innerhalb des Menüs und die Feineinstellungen dagegen weniger. Es gibt deutlich bessere und auf jeden Fall praktischere Aufnahmegeräte, einige davon findet man hier im Vergleich. Dennoch ist es ein herrlich, wie die mechanischen Elemente aus dem digitalen Rekorder ein einzigartiges und ganzheitliches Audio-Erlebnis machen. Allerdings zu einem Preis, den man sich leisten können muss. Es ist wie die Lust, einen Ferrari zu fahren: Teuer in der Anschaffung, etwas unbequem und nicht immer praktisch. Aber irgendwie geil.

Link

Teenage Engineering TP-7: https://teenage.engineering/products/tp-7

Rétablir l'original