Man spürt Beklemmung und Mulmigkeit, wenn man das Ortsschild von Blesewitz passiert.
Das Dorf im Landkreis Vorpommern-Greifswald mit seinen ungefähr 230 Einwohnern ist eine AfD-Hochburg - die rechtspopulistische Partei hat hier bei der Landtagswahl fast 50 Prozent geholt.
Die Straßen sind nicht gut, man fährt durch riesige Pfützen oder wird vom Kopfsteinpflaster durchgeschüttelt. Die Dorfgastwirtschaft gibt's nicht mehr, übrig ist nur ein heruntergekommenes Haus mit kaputten Fenstern.
Trostloses HausDer Rest des Dorfes ist ähnlich trostlos. Alte, graue Häuser, verlassene Bushaltestellen und „neuere" Mehrfamilienhäuser, die ihre beste Zeit aber auch schon hinter sich haben.
Fast ein bisschen Geisterstadt. Auf den zweiten Blick gibt's aber doch ein paar Lichtblicke: eine schnucklige Kirche, einen Jugendclub und sogar einen kleinen Dorfladen - der aber geschlossen hat.
Es scheint so, als sei Blesewitz von den Regierungsparteien einfach vergessen worden. Aus Frust, Enttäuschung und Wut wurde die AfD gewählt.
Man wollte es den Volksparteien zeigen.
Das sagt der BürgermeisterWir treffen Bürgermeister Frank Zibell (57). „Hier im Dorf müssen wir mit ganz wenig Geld zurechtkommen. Ich kann nur zusehen, dass man auf den Gehwegen im Winter noch laufen kann und die Straßenlaternen bis 22 Uhr brennen - dann ist das Geld schon weg. Es reicht wirklich nur für die Grundversorgung."
Der Mann, der seit 16 Jahren Bürgermeister ist, freut sich, dass wir nach der Wahl mit ihm sprechen. „Ich muss schon zugeben, dass mein Amt mich über die Zeit ermüdet hat. Ich führe einen Kampf gegen Windmühlen, hier soll ein Windpark entstehen. Hier gibt's viel sozialen Neid und der Gemeinschaftssinn ist verloren gegangen. Es gibt hier noch nicht mal vernünftiges Internet!"
Reine FrustwahlAus seiner Sicht hat die AfD genau das thematisiert, was die Bürger wollen. „Aber das ist eine Luftblase, jetzt kommt ein schneller Erfolg, dann bestimmt wieder der Zusammenbruch. Das war eine reine Frustwahl, weil die anderen Parteien nicht eingehalten haben, was sie versprochen haben. Sie müssen sich nun die Kritik gefallen lassen, sich reformieren und neu anpacken."
Während der anderen Gespräche läuft uns auch ein alkoholisierter Mann mit Tendenz zur Verwahrlosung über den Weg und ein junger Mann, der offen zugibt, die NPD gewählt zu haben. Auf seinem T-Shirt ist altdeutsche Schrift zu erkennen und ein runenartiges Zeichen, das an ein Hakenkreuz erinnert.
Uff! Bei Verlassen des Dorfes ist die Beklemmung zwar weg, dafür macht sich ganz große Ratlosigkeit breit. Und ein bisschen mehr Verständnis für das erschreckende Wahlergebnis.
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