Leine oder nicht?
Die hessische "Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden" schreibt keine generelle Anleinpflicht für Hunde vor. Die Ausnahme sind "gefährliche Hunde".
Als gefährlich gelten Kampfhunde sowie Hunde, die unkontrolliert andere Tiere hetzen oder reißen oder die ohne begründeten Anlass beißen.
An die Leine müssen alle Hunde bei öffentlichen Veranstaltungen, in Aufzügen sowie in Gaststätten und in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Gemeinden können eine Leinenpflicht auf konkret bezeichneten Grundstücken, insbesondere Park-, Garten- und Grünanlagen sowie Fußgängerzonen oder Teilen davon anordnen.
Außerhalb des eingefriedeten Besitztums darf ein Hund nur unter Aufsicht laufen gelassen werden. Außerdem muss er ein Halsband tragen, auf dem Name, Anschrift und Telefonnummer des Halters angegeben sind. (cho)
Ein Waldspaziergang wurde Lea zum Verhängnis: Die 18 Monate alte Dobermann-Hündin wurde am Sonntagnachmittag an der Viehweide von einem Jäger erschossen. "Sie lief nur etwas weiter vorn", sagt Elena Chrisanow, deren Tochter der Hund gehört hat. Die Tochter war mit ihrem eigenen, 13-jährigen Kind und dem Hund spazieren. Lea war nicht angeleint, als der Schuss um Viertel nach sechs fiel. Ihre Tochter sei sofort hingelaufen, sagt Chrisanow. Als sie Lea fand, lag das Tier schon am Boden.
"Der Jäger hat gezielt auf unsere Hündin geschossen", sagt Chrisanow. "Dabei war sie ein ganz friedliches Tier, sie hat doch nichts gemacht", empört die Frau sich. "Lea war ein lustiger, junger Hund, sie hat nie gejagt." Höchstens habe das Tier "etwas gehört und nachsehen wollen".
Das sieht der Jäger, Rainer Klug, anders: "Mitten im Wald kam ein Pulk Rehe angerast; es war in der Dämmerung. Der Hund ist hinterhergerannt. Da musste ich schießen." Dass im Moment Brunftzeit ist, hätte die Sache noch verschärft. Der Jäger sei 60 Meter entfernt gewesen, als er auf Lea schoss: "Ich habe auf gut Glück geschossen." Er habe keine Wahl gehabt, weil sich die Rehe hätten verletzten können, sagt er.
Splitter in der BrustDie Hündin war nach dem Schuss am Vorderlauf verwundet. Das allein sei nicht so schlimm gewesen, sagt Klug. "Dann habe ich gesehen, dass sie auch im Brustbereich einen Splitter abbekommen hatte", sagt er. "Da war mir klar, dass es nicht gut aussieht."
Anschließend hat Klug die verletzte Hündin mit seinem Auto in die Tierklinik gefahren. "Ich dachte, das Tier könnte es vielleicht noch schaffen", sagt er. Da aber war es schon zu spät; man konnte für Lea in der Klinik nichts mehr tun. "Er hätte doch nicht gleich schießen müssen, er hätte erstmal schreien oder etwas anderes tun können", empört sich Chrisanow.
Die Gesetzeslage lässt Jägern beim Abschuss von Hunden einen relativ großen Ermessensspielraum. Nach dem Hessischen Jagdgesetz sind sie befugt, "Hunde, die im Jagdbezirk außerhalb der Einwirkung von Begleitpersonen Wild nachstellen, [...] zu töten".
Der Abschuss ist jedoch nicht erlaubt, wenn "andere Maßnahmen ausreichen, um die Gefahr abzuwehren", die vom Hund ausgeht. Das Gesetz billigt den Hundehaltern zwar Schadensersatz zu - allerdings nur, wenn sie nachweisen können, dass die Tötung nicht rechtens war.
"Wildernde Hunde dürfen abgeschossen werden", erklärt Ralf Heitmann, Forstleiter von Hessenforst. "Wenn der Besitzer nicht dabei ist oder das Tier nicht kontrollieren kann, ist es erlaubt, den Hund zu schießen". Das passiere jedoch äußerst selten, die Hemmschwelle sei hoch. "Es ist das letzte Mittel", so Heitmann. Vorher würden in der Regel Verwarnungen ausgesprochen.