Von Franziska Meißner
Bei einem Informationsabend zum Thema Flüchtlinge äußerten sich viele Zuhörer besorgt. Der Bürgermeister Wolf wiederholte seine Kritik am Bund.Entlang der Gotenstraße könnte eine Unterkunft für Flüchtlinge gebaut werden. Das stieß bei vielen Zuhörern auf Kritik.Foto: factum/Granville
Korntal-Münchingen - Am Anfang stand die Bitte um Sachlichkeit, und die Klarstellung, dass „wir nicht hier sind, um die große Politik zu diskutieren". Joachim Wolf, der Korntal-Münchinger Bürgermeister, legte die Bedingungen des Informationsabend zum Thema Flüchtlinge am Montag in Münchingen klar fest; wohl auch, um die von ihm schon oft erwähnte „Neiddebatte" im Keim zu ersticken. Am Ende waren viele Bürger Sorgen losgeworden, andere hatten für mehr Offenheit im Umgang mit Flüchtlingen plädiert - und der Bürgermeister brach seine eigene Regel.
Die Stadt hatte, wie auch andernorts üblich, eine Phalanx an eigenen Mitarbeitern, solchen des Landkreises, der Polizei, des Freundeskreises Asyls und einer Planungsgruppe aufgefahren. Sie erklärten den knapp 400 Besuchern der vollen Albert-Buddenberg-Halle, wie viele Flüchtlinge die Stadt erwartet, wo sie sie unterbringen will und wie die Mammutaufgabe der Integration gelingen könnte.
Kritik an möglichem Standort in MünchingenNoch ist die Stadt gut aufgestellt, was die Unterbringung von Flüchtlingen angeht. Die 284 für dieses Jahr prognostizierten Asylbewerber können untergebracht werden. Von 2017 an aber wird es eng, weshalb die Verwaltung dem Gemeinderat jüngst schon eine ganze Reihe möglicher Standorte für weitere Quartiere vorgelegt hatte. Dabei sind jedoch nur die am höchsten priorisierten Flächen konkret in Planung.
An einigen dieser Grundstücke entzündete sich Kritik. Insbesondere der mögliche Standort Gotenstraße in Münchingen sorgte für Diskussionen. „Was ist mit dem Überflutungsproblem?" fragte ein Bürger. Überflutungen an dieser Stelle seien der Verwaltung nicht bekannt, antwortete der Bürgermeister - was den Protest vieler Zuhörer hervorrief, die anderer Meinung waren. „Wenn Sie da wohnen würden, wären Sie wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen", sagte eine Zuhörerin zu Wolf. Eine andere Zuhörerin fürchtete um das dortige „Naherholungsgebiet", bestehend aus Minigolf- und Spielplatz. Wie es weitergehe, wenn man „jemanden vor die Tür gesetzt kriegt", wollte sie wissen: Spielplatz und Flüchtlinge vertrügen sich nicht.
Angst vor höherer KriminalitätVor allem die eigene Sicherheit schien es am Montag zu sein, um die viele Bürger fürchten. Ein Mann fragte, ob die Bürger sicher seien, und der aufbrandende Applaus legt nahe, dass sich diese Frage noch mehr Menschen stellen. Ein anderer berichtete von „finsteren Gestalten", womit er Flüchtlinge in seiner Nachbarschaft meinte, die dort vor längerer Zeit gelebt hätten. Er sei froh, „dass die weg sind".
In Anlehnung an die Geschehnisse in Köln warnte eine Frau vor einer „potenziellen Kriminalitätsqualität, die wir so nicht kennen". Sie fahre im Sommer gern mit dem Fahrrad über die Felder. „Soll ich mir das besser abgewöhnen?" Angesprochen auf den angespannten Haushalt der Stadt wurde der Bürgermeister am Ende doch grundsätzlich. Es könne nicht sein, dass die Kommunen die finanzielle Last schultern müssten, während sich der Bundesfinanzminister über die schwarze Null freue. Rund zwölf Millionen will die Stadt in den kommenden Jahren für die Flüchtlingsunterbringung ausgeben, der Bund erstatte nur ein Viertel davon. „Dringend nötige Projekte dürfen wir nicht zurückstellen", sagte Wolf. „Notgedrungen" müsse sich die Stadt weiter verschulden.
Nachdem sich die meisten Fragesteller an diesem Abend neutral bis kritisch äußerten, gab es auch Wortmeldungen, die in die andere Richtung gingen. Eine „freundliche Haltung" gegenüber den Flüchtlingen regte eine Frau an, eine andere plädierte dafür, das Gespräch mit den Flüchtlingen zu suchen. Sie sei entsetzt, dass so viele Leute Bedenken hätten, obwohl es ihnen so gut ginge. „Das ist ein wahnsinniger Überfluss, der schwer zu ertragen ist."