Als er anfing, die Einhaltung deutscher Gesetze zu überwachen, hatte er nicht einmal den Pass der Bundesrepublik. Peter Fuksa war Tscheche und arbeitete gleichzeitig bei der Polizei im Freistaat. Er ist nicht der einzige - eine Partei stört sich daran.
von Florian Reil, dpa
Damit rechnen die Lastwagen- und Autofahrer aus Tschechien nicht: Der bayerische Polizist in seiner blauen Uniform spricht ihre Muttersprache. „Es hat einen gewissen Überraschungseffekt, wenn ich den Fahrer gleich auf Tschechisch anrede. Dann sind die erst mal ein bisschen überrumpelt, aber auch erfreut", erzählt Josef Fuksa. Fast täglich kontrolliert der 25-jährige Beamte der Autobahnpolizei auf den Fernstraßen nordwestlich von München ehemalige Landsleute. Fuksa selbst ist erst seit wenigen Jahren deutscher Staatsbürger. Angefangen hatte er seinen Dienst als Tscheche.
Seit 1993 können Männer und Frauen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit in Bayern als Polizisten arbeiten. Anfang Mai hatten 86 Beamte laut Innenministerium keinen deutschen Pass. Einem Sprecher zufolge ließen sich in der Vergangenheit einige Polizisten einbürgern, die ohne deutschen Pass eingestellt worden waren.
In Baden-Württemberg arbeiten derzeit sogar 330 Männer und Frauen ohne deutschen Pass bei der Landespolizei.
Geboren ist Fuksa in Olmütz im Osten Tschechiens. Als er elf war, bekam seine Mutter ein Jobangebot in Deutschland und sie zogen nach Neuburg an der Donau. Nach wenigen Jahren sei Bayern zu seiner Heimat geworden, sagt er. „Nicht weil ich Tschechien schlecht finde, sondern weil ich hier meinen Lebensmittelpunkt habe." Er ging zur Schule, fand Freunde und seinen Traumberuf.
„Ich wollte unbedingt Polizist werden. Ich wollte nichts anderes machen und habe sämtliche Polizeireportagen im Internet geschaut." Seine Entscheidung fiel kurz vor dem Abitur. Dass er damals keinen deutschen Pass hatte, sollte kein Problem werden.
Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sind die Einsatzkräfte bei der Polizei ohne deutsche Staatsangehörigkeit „ein gutes Beispiel dafür, wie Integration wirklich gelebt wird." Damit werde die interkulturelle Kompetenz und Bürgernähe der Polizei im Freistaat gestärkt. „Wir erhoffen uns dadurch einen noch engeren Dialog mit ausländischen Bevölkerungsgruppen", sagt der Minister. Der Dienstherr aller Polizisten sieht auch Vorteile im Arbeitsalltag der Ermittler. „Mit Sprache, Kultur und Mentalität der jeweiligen Gruppe vertraut zu sein, hilft uns vor allem bei der polizeilichen Aufklärungsarbeit und Konfliktlösung."
Die AfD im bayerischen Landtag sieht das ganz anders. „Prinzipiell sollten hoheitliche Aufgaben des Staates nur von Staatsbürgern ausgeübt werden", erklärt der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Richard Graupner, der vor seiner Zeit als Abgeordneter selbst bei der Autobahnpolizei gearbeitet hatte. Er sehe in der Arbeit von Ausländern bei der Polizei keine Vorteile.
Als junger Polizist beschloss Fuksa, deutscher Staatsbürger werden zu wollen. „Wenn der Freistaat Bayern schon meine Bezüge zahlt, will ich mich auch mit dem Staat identifizieren." 2013 war es dann soweit: Fuksa bekam den deutschen Pass, seinen tschechischen musste er abgeben.
Der 25-Jährige wohnt heute im Dachauer Land und arbeitet im Schichtdienst bei der Autobahnpolizei Fürstenfeldbruck. Sein Revier sind die A8 nach Augsburg, die A96 bis Landsberg am Lech sowie Teile des Autobahnrings 99 im Norden Münchens.
Seine Muttersprache macht den gebürtigen Tschechen auch für Kollegen anderer Dienststellen interessant: Ab und an bekomme er Anrufe von anderen Ermittlern, die seine Hilfe bräuchten, sagt Fuksa. Dann muss er Beweismittel aus dem Tschechischen ins Deutsche übersetzen oder bei Verkehrskontrollen über das Telefon den Festgenommenen über seine Rechte informieren.
Die Gewerkschaft der Polizei spricht von einer Bereicherung. „Wenn wir Menschen mit ausländischem Hintergrund für die Polizei interessieren können, und sie sich mit ganzem Herzen ihrer Aufgabe widmen wollen, ist das eine Kompetenzerweiterung, die der Polizei auf jeden Fall hilft", ist der Bundesvorsitzende Oliver Malchow überzeugt. Die Polizei sei ein Teil der Gesellschaft und als solche auch ein Spiegelbild ihrer kulturellen Entwicklung.
Polizist in Tschechien zu werden, kam für Fuksa nicht in Frage, „weil ich weder in Grenznähe wohne, noch eine persönliche Bindung nach Tschechien habe - mit Ausnahme der Familie." In Tschechien sei das Ansehen der Beamten ohnehin ein anderes - die Zeit der kommunistischen Herrschaft hänge teilweise noch immer nach. „Besonders die ältere Generation hat noch im Hinterkopf, dass die Polizei damals der verlängerte Arm des Unrechtsstaats war."
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