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Sie nennen sich "Kampfgruppe Adolf Hitler" und üben Schießen - 4 Fakten zu "Combat 18"

bild: getty images/exif recherche/montage: watson

Formiert sich in Deutschland eine rechtsextreme Terrorgruppe? Das legen zumindest Recherchen der antifaschistischen Gruppe "Exif" und des Norddeutschen Rundfunks (NDR) nahe. Demnach haben sich Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet in einer Gruppe zusammengeschlossen, die sich selbst "Combat 18" nennt.

Der englische Name mit dem Zahlencode 18 steht für "Kampfgruppe Adolf Hitler". Die Recherchen decken auf, wie aktiv die gewaltbereiten Rechtsextremen in Deutschland offenbar sind. Die Neonazis sollen mit Rechtsextremen aus verschiedenen Ländern vernetzt sein, Schießtrainings durchführen und Geld mit Rechtsrockkonzerten scheffeln.

Das steckt hinter "Combat 18"

Das "Combat 18"-Netzwerk stammt ursprünglich aus Großbritannien, es gilt auch als bewaffneter Arm des internationalen Neonazi-Netzwerkes " Blood & Honour". Von England aus breitete sich "Combat 18" in den 1990er Jahren jedoch auch in andere europäische Länder aus. Viele der beteiligten Neonazis stammten aus der Rechtsrock-Szene. Sie veranstalteten jedoch nicht nur Konzerte, sondern handelten mit Waffen, und bereiteten sich auf den "führerlosen Kampf" vor - Rechtsterrorismus in kleinen Zellen, die nicht zentral gesteuert werden. An diesem Konzept orientierte sich auch der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) bei seinen Taten. In Großbritannien wird "Combat 18" mit mehreren Anschlägen und Gewalttaten in Verbindung gebracht.

Der deutsche Ableger des "Blood & Honour"-Netzwerkes wurde im Jahr 2000 verboten. "Combat 18"-Aktivitäten gab es danach jedoch auch in Deutschland weiterhin: In Dortmund etwa soll bis 2006 rund um die Rechtsrockband "Oidoxie" eine "Combat 18"-Zelle entstanden sein. Das geht aus Polizeiakten hervor, die 2014 bekannt wurden. Ein ehemaliges Mitglied der Terrorzelle informierte die Polizei darüber - während er selbst in Haft saß.

Die "Combat 18"-Band "Oidoxie" trat im April in Sachsen auf

Die verbotene Gruppe ist weiterhin aktiv

In den vergangenen Jahren mehrten sich die Hinweise, dass "Combat 18" in Deutschland wieder vermehrt aktiv ist. Wie gefestigt die Strukturen der Gruppe tatsächlich sind, zeigen nun ein ausführliches Dossier der antifaschistischen Recherchegruppe " Exif" und Dokumentationen des NDR.

So haben die NDR-Reporter den Rechtsextremen nachrecherchiert:

Wie die NDR-Reporter für "Strg F" und "Panorama" berichteten, nahmen einige Mitglieder der Gruppe "Combat 18 Deutschland" im September 2017 an einem Schießtraining in Tschechien teil. Davon bekamen auch die deutschen Sicherheitsbehörden Wind: Als die Neonazis nach Deutschland zurückreisten, wurden sie von der Anti-Terror-Einheit GSG9 gestoppt. Bei einem der Neonazis wurde dabei Munition gefunden. Laut Recherchen des NDR handelt es sich bei dem Mann um Stanley R. - offenbar einen Strippenzieher in der seit 2013 bestehenden deutschen "Combat 18"-Gruppe.

Die NDR-Reporter schauten sich den betreffenden Schießstand selbst an und filmten dort mit versteckter Kamera. Was sie dort fanden: SS-Devotionalien und eine Hitler-Büste. Mit ihnen warteten Neonazis aus Bayern darauf, schießen zu dürfen. Eine Einweisung oder Beaufsichtigung habe es dabei nicht gegeben. Munition mitzunehmen wäre ohne weiteres möglich gewesen.

So ist die "Combat 18"-Gruppe organisiert

Die Recherchen zeigen, dass "Combat 18 Deutschland" offenbar fast wie ein Verein organisiert ist. Laut den "Richtlinien" der Gruppe, die die Recherchegruppe "Exif" veröffentlicht hat, ist folgendes geregelt:

Mitglieder müssen zuerst eine sechsmonatige Probezeit bestehen Es muss ein Monatsbeitrag von 15 Euro gezahlt werden. Von den Geldern sollen etwa Konzerte finanziert werden, oder Notfallgelder "z.B. für die Inhaftierung eines Bruders" In jedem Bundesland soll eine Untersektion entstehen (das ist bislang jedoch offenbar nicht der Fall) Die Sektionen müssen sich einmal im Monat an einem bestimmten Tag treffen Es gibt sogar eine Kleiderordnung für interne Treffen und "Auswärtsfahrten", etwa zu Konzerten: Shirt und Jacke mit "Combat 18"-Logo, schwarze Hose und schwarze Schuhe

Laut "Exif" soll sich die Mitgliedschaft von 50 Personen in der Gruppe belegen lassen. Dutzende weitere sollen immer wieder im Zusammenhang mit der Gruppe auftauchen.

Für die Mitgliedschaft einiger Neonazis liefert "Exif" auch handfeste Beweise: Die Recherchegruppe hat Kontoauszüge Stanley R.s veröffentlicht, auf denen offenbar die Zahlungen von Mitgliedsbeiträgen auf sein Konto zu sehen sind.

Unterschätzen die Behörden die Gefahr durch "Combat 18"?

Klar ist: Der Verfassungsschutz hat die "Combat 18"-Gruppe im Blick. Auf Anfrage des NDR wollten Verfassungsschutz und Innenministerium jedoch keine Fragen zu dem Thema beantworten. Dem NDR liegt jedoch ein interner Bericht des Innenministeriums vor. Darin stehe, "Combat 18 Deutschland" bestünde "aus einem Netzwerk weniger regionaler Kleingruppen und Einzelpersonen". Als terroristische Organisation stufe das Ministerium die Gruppe jedoch nicht ein.

Öffentlich äußerte sich die Bundesregierung im Jahr 2016 zu "Combat 18" - in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag.

Darin heißt es unter anderem:

Ob diese Einschätzungen der deutschen Sicherheitsbehörden wirklich richtig ist, erscheint nach den Veröffentlichungen durch die "Exif"-Recherchegruppe und den NDR zumindest fragwürdig.

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