Der wichtigste Ort auf Olaf Zahls Grundstück liegt leicht versteckt hinter dem Haus mit den Kühlräumen. Ein großer dunkler Kasten, davor steht der Hausherr in Hosenträgern. "Wenn es so heiß ist wie heute, kann der Fisch früher raus", sagt Olaf Zahl mit kräftiger Stimme. Er streift sich die Handschuhe über, um die Tür des Räucherofens zu öffnen. Der Schweiß steht ihm auf der Stirn, Rauch strömt ihm ins Gesicht und selbst draußen sind es heute 38 Grad.
Die silbern schimmernden Forellen sind bereits fertig, es riecht nach würzigem Kamin; der Rauch des Erlenholzfeuers hat den Fisch in goldbraune Farbe getüncht. "So wie Opa früher geräuchert hat", sagt Olaf Zahl. "Da wird kein Programm eingestellt. Verstehste?"
Alles wie früher? Überhaupt nicht. Denn beim Opa wäre der Fisch noch aus dem See nebenan gekommen. Doch die Forellen in Zahls Ofen sind zugekauft. Früher hat Olaf Zahl 80 Prozent seines Fischs selbst gefangen. Heute sind es nur noch zehn Prozent.
Einst war der Kossenblatter See bei Tauche im Landkreis Oder-Spree eines der ertragreichsten Gewässer Ostdeutschlands. "Ich habe noch nie in einem See so viele Aale gesehen", erinnert sich der 53-Jährige. Seit inzwischen drei Jahren hat Olaf Zahl keinen einzigen Fisch mehr aus dem Kossenblatter Kleinen See gefangen und auch der angrenzende Große See weicht unter der und Trockenheit immer weiter zurück. Ihr Pegelstand ist stark vom Regen abhängig. Es fließt zwar noch Wasser Richtung Spree ab, aber kaum mehr etwas zu. Das Wasser zieht sich von den Ufern zurück, wodurch die Laichplätze der Fische verloren gehen, dazu heizt der See sich auf. Wenn es dann nicht nur heiß, sondern auch noch windstill ist, bewegt sich das Wasser kaum. Bewegt sich das Wasser nicht, tun die Fische es ihm gleich - und Olaf Zahl fängt wieder nichts.
In der DDR war Räucheraal wie eine WährungAn diesem Morgen sind die Forellen in der Räucherkammer mittlerweile abgetropft. Mit zwölf habe er das erste Mal allein räuchern dürfen, erinnert er sich, 1981 war das. "Räucheraal war wie eine Währung, damit haste alles bekommen. Ich hab mir damals einen Videorekorder gekauft." Der war so viel wert wie ein ganzes Jahresgehalt und Olaf Zahl hatte ihn.
Und jetzt? Das Kilo Lachs, das er zukaufen muss, ist von neun Euro im vergangenen Jahr auf 27 Euro in diesem Jahr gestiegen. Er hält inne, so als würde er gerade ausrechnen, wie teuer das Kilo nächstes Jahr sein wird - und das Wasser in seinem See hat mittlerweile so wenig Sauerstoff, dass die Fische abends an die Oberfläche kommen, um nach Luft zu schnappen. Er sagt, er habe Existenzangst. "Schon jetzt können sich viele Leute meinen Fisch nicht mehr leisten. Irgendwann musste dann sagen: Das wars", sagt Zahl.