Warum auf TikTok gerade »Voice Filter« viral gehen
Das Gesicht ist durch. Kleinere Nasen, vollere Lippen, Sommersprossen-Filter: auf TikTok sehen mittlerweile alle gleich aus. Im Visuellen ist da nicht mehr viel zu holen. Die Stimme dagegen, die ist auf der Video-Plattform erstaunlich lange unberührt geblieben. Und das, obwohl eine besonders niedrige Hemmschwelle eigentlich dabei helfen würde, Nutzerinnen und Nutzer zu motivieren, Videos von sich mit einem potenziellen Millionenpublikum zu teilen. Das fällt eben leichter, wenn man nicht nur anders aussehen kann, sondern bestenfalls auch noch anders klingt. Mit anderen Worten: wenn besonders wenig von einem übrig bleibt.
Deshalb übernehmen nun die Voice-Filter. Sie verändern den Klang der Stimme, lassen einen reden wie SpongeBob Schwammkopf, eine Oma oder ein Philosoph – eine Männerstimme, das Philosophische an ihr offenbart sich nicht ohne Weiteres. Schon vor den Voice-Filtern haben sich viele mit der Text-to-Speech-Funktion beholfen. Eine Computerstimme liest hier den geschriebenen Text laut vor; man erspart sich das peinliche Einsprechen und das noch peinlichere Hören der eigenen Stimme. Bald sehen auf TikTok dank der Filter also nicht nur alle gleich aus, sondern hören sich auch noch gleich an. Das ist sie wohl, die neue Egalität.
[Erschienen am 08.12.2022, DIE ZEIT]