An einem Sonntag beginnt es in Ebrus* Unterleib plötzlich zu ziehen. Es fühlt sich an wie starke Menstruationsschmerzen und doch anders. Am nächsten Tag bleibt sie zu Hause, geht nicht zur Arbeit. Da die Deutsche nicht in Istanbul lebt, dort ein Praktikum macht, lässt sie sich von einer Kollegin eine Ärztin in der Stadt empfehlen. Am Nachmittag werden die Schmerzen so stark, dass sie sich ein Taxi nimmt und zu einer Gynäkologin fährt. Beim Ultraschall sieht diese etwas Schwarzes und nimmt ihr Blut ab. Anschließend muss sie zur Radiologie. 45 Minuten lang liegt Ebru allein in einem Kämmerchen. Wartet, dass das Kontrastmittel wirkt. Sie glaubt, einen Tumor zu haben. Als sie aus dem Raum kommt, drückt man ihr eine CD in die Hände. . Immer wieder sagen alle nur: . Don't worry.
Doch Ebru macht sich Sorgen. Sie setzt sich auf den Stuhl vor ihre Ärztin und will endlich wissen, was es mit dem Tumor auf sich hat. „Sie sind schwanger", sagt die Ärztin. Der Bluttest habe ergeben, dass Ebru in der sechsten Woche sei. Die Spirale müsse sofort raus. Sie könne ein Medikament zum Abgang nehmen. Oder durch eine Operation die Schwangerschaft abbrechen. In Ebrus Kopf ist Chaos. Die Frage, die sie als erstes stellt: „Kann ich es behalten?" Die Ärztin lacht. Nein, das sei unmöglich. Es handle sich um eine Eileiterschwangerschaft, die befruchtete Eizelle hat sich nicht in der Wand der Gebärmutter, sondern in dem Eileiter eingenistet.
Ebrus Körper glaubt, schwanger zu sein, und sie hat das Gefühl, das Embryo in sich beschützen zu müssen, auch wenn es ihr höllisch wehtut. Ebrus Hormonwerte sind zu diesem Zeitpunkt extrem hoch. Das bedeutet, dass wenig Zeit bleibt, bis der Eileiter reißen könnte. Passiert das, verliert der Körper viel Blut. Das ist lebensgefährlich.
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Doch erst mal ist Feierabend. Die Ärztin nimmt ihr die Spirale raus, reicht ihr ein Ultraschallbild und schickt sie heim. Ebru weint auf dem Weg nach Hause. Sie ruft ihre Ärztin in Deutschland an. Diese rät ihr zu einer Zweitmeinung aus dem Krankenhaus. Dort erfährt sie, dass der schwarze Fleck bereits zwischen vier und fünf Zentimeter groß ist. Als die Ärztin sie fragt, ob sie den Herzschlag hören wolle, hält sich Ebru Augen und Ohren zu und beginnt wieder zu weinen. Im Krankenhaus ist schnell klar: Sie muss operiert werden. Es könnte sein, dass sich das Blut bereits in ihrem Bauchraum ausbreitet. Ebru diskutiert am Telefon mit ihrer Kasse und dem Personal, wer die Kosten übernimmt. Das Krankenhaus will 8.800 US-Dollar von ihrer Kreditkarte. Sie bricht zusammen. Überall ist plötzlich Blut. Ihr Eileiter ist gerissen. Auch ohne die Kostenübernahme bekommt sie endlich Hilfe und erst mal ein Medikamente zur Beruhigung. Plötzlich sind ihre Ängste weg. Alles fühlte sich an wie in Watte gepackt und voller Einhörner, erzählt sie.
Als Ebru aufwacht, tut ihr wieder alles weh. Ein neuer Schmerz zieht sich nun durch ihren Körper - vor allem entlang der drei Narben am Bauch. Ihr wird gesagt, dass ihr ganzer Bauchraum voller Blut gewesen sei und dass ein Eileiter nicht mehr zu retten war. Er wurde entfernt.
Was Ebru passiert ist, ist statistisch gesehen bei Frauen, die mit einer Hormonspirale verhüten, selten. Aber Hormonspiralen werden seit einigen Jahren stark beworben, als die sanfte und sichere Verhütung für die junge Frau. Hormone, die nicht den ganzen Körper beeinflussen, sondern nur die Gebärmutter. Einmal eingesetzt, müsse man fünf oder drei Jahre lang an nichts denken. Das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft sei extrem niedrig. Liest man die Werbetexte zur Hormonspirale, scheint es, als bringe sie Menschen mit Uterus die lang ersehnte sexuelle Freiheit. Doch das ist nur die halbe Geschichte.