Meine Reise startet mit Sprengstoff-Spürhunden am Flughafen. Sogar das Baby neben mir wird beschnüffelt. So gut wie keine Touristen, nur Türken und Türkinnen warten am Gate in Wien auf den Abflug nach Istanbul. Alle wirken etwas nervös. In den Tagen vor meinem Abflug Ende Februar wurde Deniz Yücel, Türkei-Korrespondent von die Welt,in Istanbul festgenommen. Meine Eltern machen sich seither Sorgen. Und zugegeben, dass nun auch ein deutscher Korrespondent in der Türkei inhaftiert wurde, erweckt auch in mir, die jetzt als Journalistin dort hinreisen will, ein ziemlich ungutes Gefühl.
Viele meiner Freunde fragten mich vorher, ob ich denn keine Angst vor einem Terroranschlag hätte. Jedes lieb gemeinte „Pass bitte auf dich auf", ließ meine Bedenken etwas größer werden. Und trotzdem wollte ich unbedingt wieder nach Istanbul. In manche Städte verliebt man sich einfach, bekommt richtig doll Herzklopfen und weint vor Trennungsschmerz, wenn man gehen muss. Man würde alles für sie geben. Ja, manche Städte sind wie Beziehungen.
Ich habe mich vor drei Jahren in Istanbul verliebt, dort gelebt und wollte alles für diese Stadt aufgeben. Doch unsere Beziehung bröckelt jeden Tag ein Stück weiter auseinander. Istanbul entfremdet sich von meinen Werten, meinem Leben, meiner Welt. Was ich von Freunden in Istanbul höre, macht mir Angst. Trotzdem besteige ich an diesem Tag das Flugzeug in Wien. Ein Polizist fragt mich an der Grenze aus, mir wird mulmig, dann passiere ich die Kontrolle und atme auf. Dieses mulmige Gefühl wird noch einige Male auf dieser Reise zurückkommen.
Immer weniger Touristen besuchen die Stadt am Bosporus. Im Jahr 2000 waren es noch über zwei Millionen. Seitdem stieg die Zahl laut dem türkischen Tourismus-Bericht jedes Jahr kontinuierlich an. 2015 war mit 12.414.677 die Spitze erreicht. Im August 2015 dann der Bombenanschlag auf eine Polizeistation, zwei Monate später starben 100 Menschen in Ankara. Im Januar 2016 folgte dann der Anschlag gezielt auf eine Reisegruppe direkt vor der blauen Moschee.
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