Wiblingen - Johannes Schumann geht unruhig vor seiner Wohnung umher, schaut immer wieder über den Hof des Klosters Wiblingen. „Was ist denn jetzt, wo bleibt sie denn?" Seit vielen Jahren lebt der alte Mann hier im Südflügel der ehemaligen Benediktinerabtei bei Ulm. „Meine bessere Hälfte kommt gleich", sagt Schumann. Schmal und klein steht er da, mit Hut, Stock und langem Silberhaar im Zopf. Vor der Haustür unter dem Rundbogen ist es schattig, in den großen Hof platzt am Morgen schon helles Sonnenlicht. Elvira Laube kommt mit großen Schritten aus der Ferne herbei, die blonde Ponyfrisur wippt im Wind. Als sie einander sehen, strahlen beide - Elvira und Johannes.
Im Esszimmer setzt Johannes Schumann sich langsam auf einen mit Schaffell belegten Stuhl. Der Künstler, der Seefahrer, der Sänger, der stets vom Wind Verführte wartet hier auf sein Tässchen Kaffee. An den hohen Wänden kleben Plakate wie in einer Studentenbude. Sie zeigen Siebdrucke aus den sechziger Jahren, die er gestaltet hat. Seine Filmplakate kann man im Ulmer Dietrich-Kino anschauen. Vom Beruf des Kinomalers weiß man heute gar nichts mehr.
„Ich sage immer: im Sommer Maler, im Winter Malheur.“ Johannes Schumann zupft seine Jacke zurecht und grinst. Dabei hatte er doch nie Malheur, ihm ist ja immer was eingefallen, er konnte alles. Kurz mal über Nacht ein altes Filmplakat mit einer Szene aus dem neuesten Kassenschlager übermalen, aber auch für andere die Elektrik reparieren, einen Parkettboden verlegen, Schrankwände bauen. Welcher Mann kann so etwas heute noch?
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