Zusammen ist man weniger allein? Nicht in einer unglücklichen Partnerschaft. Und trotzdem bleibt man. Oft viel zu lange, bevor man es schafft, sich endlich zu trennen.
Psychologin Samantha Joel, Professorin an der University of Utah (USA) und an der Western University in Ontario (Kanada), meint den Hauptgrund dafür gefunden zu haben.
Und es sind meist nicht die gemeinsamen Kinder, finanziellen Bindungen oder die Angst vor dem Single-Dasein.
Eric Hegmann, Paarberater aus Hamburg, weiß um die Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung innerhalb von schwierigen Partnerschaften. Und warum Menschen lieber in unglücklichen Beziehungen bleiben, anstatt sich zu trennen.
Der Experte gibt Rat, ob und wann sich eine Partnerschaft retten lässt. Und wann es besser ist zu gehen. Bei Unsicherheiten hilft sein Online-Kurs „Gehen oder Bleiben" dabei, wichtige Schlüsse für sich zu ziehen. Und wo man Hilfe bekommt, wenn man es nicht schafft, die Trennung zu vollziehen.
Eric Hegmann, Paarberater aus Hamburg, weiß ebenfalls um die Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung in schwierigen Partnerschaften.
BILD: Was sind die Gründe, warum eine Trennung oft so schwerfällt?
Eric Hegmann: „Zunächst sind Trennungen evolutionär etwas, das bedrohlich wirkt. Wer früher ausgestoßen oder allein gelassen wurde, konnte nicht überleben. Entsprechend reagieren Menschen mit Schock und traumatischen Belastungsstörungen. Das will man weder sich noch dem ehemals geliebten Partner leichtfertig antun. Dann kommt es auf die Gesamtbilanz des Paares an: Ich erlebe in der Paarberatung häufig, beispielsweise wenn es um Betrug wie eine Affäre geht, dass dennoch abgeglichen wird, ob nicht die guten Erfahrungen überwiegen und die gemeinsam erreichten Ziele wichtiger sein könnten: nicht nur gemeinsame Kinder oder geschaffener Besitz, auch gemeinsame Erlebnisse zählen dazu.“
Kann man auch von Gewohnheit sprechen?
Hegmann: „Gewöhnung ist nicht zu vernachlässigen: Menschen passen sich schnell und gut an. Sogar in unglücklichen Beziehungen höre ich oft: Hier kenne ich die Probleme und weiß mit ihnen umzugehen. In einer neuen Beziehung tausche ich nur die Konflikte und muss neu lernen. Dann ist da oftmals auch viel Hoffnung, dass sich der Konflikt oder der Partner doch noch ändern würden. Selbstzweifel über den eigenen Anteil an den Beziehungsproblemen verhindern vorschnelle Reaktionen ebenso, und dann ist da natürlich auch Liebe und die Bindung zum Partner. Die geht nicht einfach weg. Liebeskummer wurde lange unterschätzt und belächelt. Heute weiß man, dass ein „Broken Heart Syndrom“ gefährlich werden kann. Ein Punkt ist aber auch wichtig: Manchmal haben Menschen Angst vor ihren Partnern und fürchten Gewalt oder Schlimmeres, wenn sie sich trennen. Die benötigen dann ganz dringend Unterstützung und Schutz.“
Was beeinflusst die Entscheidung, die Beziehung zu beenden oder zu retten?
Hegmann: „Der Optimist in mir sagt: vor allem die Hoffnung auf eine Verbesserung. Aber der Realist sagt auch: Damit sich etwas verbessern kann, muss sich etwas verändern. Und nicht selten ist eine glückliche Beziehung dann auch eben nur mit einem anderen Partner möglich. Dann ist die Trennung die notwendige Veränderung, um Raum im Leben und auch im Herzen zu schaffen für eine neue Beziehung.“
Wann ist es falsche Rücksichtnahme oder Mitleid und keine Liebe mehr?
Hegmann: „Sehr selten ist es das nach meiner Erfahrung, aber natürlich gibt es das. Das wird aber vor allem vorgeschoben, um sich selbst zu erhöhen und moralisch integer fühlen zu können. Ich habe mich nicht getrennt, um meinen Partner nicht zu verletzen. Das ist nicht Mitleid, sondern Selbstmitleid. Das Leben ist zu kurz für unglücklich machende Beziehungen, und meist steckt dahinter auch vor allem Furcht vor den Reaktionen des Partners, mit denen man lieber nicht konfrontiert würde.“
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