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EISKLETTERN IM SOMMER

Eisklettern ist mittlerweile eine beliebte Sportart geworden. Immer mehr Kletterer versuchen sich an der Eisstruktur. Dabei ist der Sport nicht ungefährlich. Der Umgang mit Steigeisen und Eisgeräten erfordert viel Übung.

Unsicher fasse ich das komisch gebogene Eisgerät an. Ich bin verunsichert, ob ich es überhaupt richtig halte. Gezielt setze ich es an einem der vielen Holzklötze an der Wand auf. Das Zweite an einem Anderen. Jetzt müssen nur noch die Füße vom Boden weg an die Wand. Meine Finger umschließen die Griffe so fest, dass die Knöchel schon weiß durchscheinen. Werden mich die Zacken an den Eisgeräten an der Wand halten?

 

So sehen Eisgeräte aus.


Boulderraum zum Dry Toolin


Am Besten ist es, das Ganze trocken, ohne Eis zu üben. Das Vertrauen zu den Geräten muss erst einmal hergestellt werden. Genau das hat sich Familie Köhler auch gedacht. Sie haben sich in einem ehemaligen Pferdestall einen eigenen Boulderraum gebaut, in dem sie mit Eisgeräten hantieren. Bouldern ist Klettern in Absprunghöhe. „In einen normalen Boulderraum darf man nicht mit Eisgeräten rein, da sonst die Griffe beschädigt werden könnten“, erklärt Ragnar Theuerjahr, leidenschaftlicher Eiskletterer. Eisklettern ohne Eis nennt sich in der Kletterszene Dry Tooling. In dem Boulderraum der Familie Köhler sind an den Wänden kleine Holzleisten und Steine fest geschraubt. Mit den Eisgeräten hängen sich die Kletterer dort entweder ein oder schlagen in die Holzwand.

 

 

Eis – Konzentration und Nervenkitzel


Florian Dick hängt sich gerne an die Wand.


„So ein Boulderraum hat sehr viele Vorteile, aber an den Kick beim Eisklettern kommt nichts“, so Daniel Köhler. In dem kleinen Raum kann man auch noch schnell nach der Arbeit trainieren. Außerdem hält man sich den Sommer über fit um im Winter gleich durch zu starten. Aber auch in der kalten Jahreszeit wird der Boulderraum genutzt, zum Beispiel bei schlechtem Wetter oder wenn sich noch keine richtigen Eisstrukturen gebildet haben. Köhler versichert aber, dass das Klettern mit Eisgeräten in der Natur am Eis wesentlich besser ist: „Es ist einfach unberechenbar. Man weiß nie, was auf einen noch zu kommt.“ Elisabeth Köhler findet es sehr beruhigend, wenn sie im Eis ganz auf sich selbst konzentriert ist. Auch Florian Dick, ein festes Mitglied dieser Klettergruppe, findet seinen ganz besonderen Ausgleich bei diesem Sport: „In gewisser Weise ist es auch Aggressionsabbau, wenn ich das Eisgerät mit aller Kraft in die fragile Struktur schlage.“


Sicherheitsvorkehrungen retten Leben


Die richtige Ausrüstung ist überlebenswichtig.


Beim Eisklettern oder  Dry Tooling im Freien muss man sich selbst absichern. Es gibt nur sehr selten fest verankerte Bohrhacken. Ob die Geräte halten oder nicht ist wohl für alle der besondere Nervenkitzel. Die richtige Ausrüstung ist überlebenswichtig. Dazu gehören ein Helm, ein Klettergurt, Steigeisen, Eisgeräte und viel verschiedenes Sicherungsmaterial. Außerdem benutzt man in der Regel ein Halbseil, das doppelt verläuft. Falls man eines aus Versehen mit den scharfen Eisgeräten durchtrennt, hat man noch ein weiteres, das einen in der Wand hält. Laut der Internetseite „eisklettern.com“ gibt es für Eiskletterer drei Grundregeln, die sie beachten sollten: 1. Man sollte nicht stürzen, denn jeder auch so kleine Sturz kann verheerende Folgen haben. 2. Man ist beim Klettern bis an die “Zähne” bewaffnet, und könnte sich auch selbst verletzten. 3. Man sollte so klettern, als ob man ohne Seil klettern würde.

 

Vom Klettern zum Eisklettern


Elisabeth Köhler ist davon überzeugt, dass die Gefahr der Leichtsinnigkeit beim Eisklettern nicht besonders hoch ist. „Normalerweise fängt man mit dem normalen Klettern an und steigt erst später aufs Klettern in der Eiswand um. Aus den Fehlern beim Felsklettern hat man dann bereits gelernt. Meist wagt man sich das erste Mal mit jemanden an eine Eiswand, der bereits Erfahrung auf dem Gebiet gesammelt hat.“


Meine Füße haben den Boden verlassen. Ich hänge in der Wand. Eine Hand nach der anderen hängt sich mit den Eisgeräten in die verschiedenen Holzklötze ein. Doch jetzt soll ich in die Wand schlagen. Mit aller Kraft hole ich aus und versenke das Eisgerät in der Wand. Es hält.