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„Pelleas et Melisande": Vorsicht bei Dreiecksbeziehungen

Die unglückliche Geschichte der Liebenden Pelleas und Melisande gilt als eines der Hauptwerke des Symbolismus. Claude Debussys Oper wird ab 18. Juni in einer Inszenierung von Marco Arturo Marelli als letzte Staatsopernpremiere der Saison gezeigt. Die Darsteller müssen dabei im Wasser waten - eine Herausforderung.

Im Zentrum der Oper steht die tragische Geschichte einer Familie, die, verbunden durch Krankheit und Tod, ihrem Untergang entgegensieht. Die Halbbrüder Pelleas und Golaud leben mit ihrer Mutter Genevieve und ihrem Großvater König Arkel in einem düsteren Schloss in Allemonde – zu Deutsch: Allerwelt. Golaud lernt eines Tages die rätselhafte Melisande kennen, heiratet sie und bringt sie nach Hause.

Alles schön und gut, wäre da nicht Pelleas, der sich zu Melisande hingezogen fühlt. Golauds Eifersucht wird immer stärker und als er hört, wie sich Pelleas und Melisande ihre Liebe gestehen, tötet er Pelleas. Regisseur Marelli sieht die Oper als eine „nahezu banal-exemplarische Dreiecksgeschichte“ mit einer darunterliegenden Dimension, die dem Werk seine tieferliegende Bedeutung verleiht.


Sängerjuwelen

Debussys symbolistische Oper gelangt nun, erstmals seit 1991, an der Wiener Staatsoper zur Aufführung. Das Haus am Ring wartet dabei mit einem hochkarätigen Ensemble an Sängern auf, die allesamt ihre Rollen zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper singen.


Adrian Eröd verkörpert Pelleas, Olga Bezsmertna singt die Melisande und Simon Keenlyside, bereits als Pelleas in zahlreichen Produktionen bekannt, singt zum ersten Mal in seiner Bühnenlaufbahn Pelleas’ eifersüchtigen Halbbruder und Melisandes Ehemann Golaud. Als Genevieve ist Kammersängerin Bernarda Fink zu erleben, den Patriarchen Arkel verkörpert der deutsche Bass Franz-Josef Selig.


Überall Wasser

Nach Herbert von Karajan und Claudio Abbado, der „Pelleas et Melisande“ bei der letzten Vorstellung an der Wiener Staatsoper im Jahr 1991 dirigiert hatte, steht nun der junge französische Dirigent Alain Altinoglu am Pult des Wiener Staatsopernorchesters.

Das Werk stelle besonders für Sänger eine Herausforderung dar, so der Dirigent im Gespräch mit ORF.at: „Das Problem bei Debussy ist, dass die Musik improvisiert scheint, du kannst sie nicht fassen, da ist kein Downbeat. Was allerdings in den Noten steht, ist präzise - wenn du nicht präzise bist, dann ist das eine Katastrophe.“ Musikalisch herausfordernd sei auch das Bühnenbild - immerhin hätten die Sänger weite Distanzen, teilweise auch im Wasser, zu überwinden, was akustisch beeinträchtigen würde.


Wasser ist das bestimmende Element in der Inszenierung und im Bühnenbild des Schweizers Marelli, der zudem auch für das Licht verantwortlich zeichnet. Er sagt im Gespräch mit ORF.at: „Alle Figuren des Stückes sind von dieser geheimnisvollen wie unerklärbaren Welt des Wassers, der Melisande entsprungen scheint, angezogen. Alle versuchen dorthin zu gelangen, wo der Schlüssel des Lebens liegt, tief verborgen in der Unergründlichkeit des Wassers.“


Debussy - Vertreter des Symbolismus

1902 uraufgeführt, wird Debussys „Pelleas et Melisande“ heute als eines der Hauptwerke des Symbolismus verstanden. Symbolisten waren der Auffassung, dass es auf der Welt mehr gibt als das sinnlich Erfahrbare. Dabei sahen sie das Unbestimmte als wesentlichen Teil der Wirklichkeit, welches mittels Kunst angedeutet, unbestimmt – symbolisch vermittelt werde. „Es gibt eine Stelle in der Oper, als Melisande mit Golaud spricht und ihm vergewissert, sie habe nichts getan. Die Musik allerdings verrät das Gegenteil“, schwärmt Dirigent Altinoglu.


„Französisches Parfum“

Große, weitschweifende Arien werden keine geboten, die Sänger sind nahezu durchgehend im Rezitativ. Debussy versuchte schließlich, die französische Sprechsprache nachzuzeichnen. Als „Rebell“ seiner Zeit hielt er sich dabei nicht an Regeln der Harmonielehre und der Melodieführung. So war es der Komponist selbst, der sagte, die Gefühle eines Menschen können sich nicht ständig auf melodische Art ausdrücken.

Altinoglu, ausgebildeter Pianist, spielt in seinem Dirigentenkammerl vor, weshalb ihn Debussy fasziniert: „Ganz am Anfang, sind es zwei Töne, die man hört. Nur zwei Töne, und Debussy schafft eine ganze Welt damit.“ Die Musik Debussys sei für ihn wie „ein französisches Parfum“. Die transparente und leichte französische Farbe zu finden, sei dabei eine der größten Herausforderungen, schwärmt der Dirigent.

Farbigkeit, Parallelharmonik, Ganztonreihen – „Pelleas et Melisande“ eröffnet neue Deutungsebenen, die Musik lädt ein, das Geheimnis der Menschen zu erkunden. Altinoglu fasst sich kurz und sagt: „Für mich ist seine Musik einfach sexy - und sinnlich.“


Aufführungshinweis

„Pelleas et Melisande“ hat am 18. Juni 2017 um 19.00 Uhr an der Wiener Staatsoper Premiere.


Link:

Elisabeth Stuppnig, für ORF.at

Publiziert am17.06.2017



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