Und es schneit! Seit gestern fallen kontinuierlich kleine Schneeflocken vom Himmel. Jetzt ist es offiziell: Der finnische Winter ist da. In Lappland schneit es übrigens schon tage- und nächtelang durch, wenn wir also nächste Woche den Arctic Circle überqueren werden wir durch ein Winter Wonderland stapfen. Was die schöne weiße Landschaft allerdings auch mit sich bringt, ist die große Dunkelheit. Auf was wir uns da eingelassen haben, wird uns erst jetzt bewusst: Wenn wir um 15 Uhr die Uni verlassen, ist es mittlerweile schon dunkel draußen. Und mit jedem Tag wird das Tageslicht weniger, denn in den Wintermonaten ist es in Finnland nur noch drei bis vier Stunden hell.
Auch wenn wir es uns zu Hause wirklich nicht vorstellen konnten: Die Dunkelheit zehrt ganz schön an den Nerven. Deswegen gehen wir noch ein bisschen mehr feiern und treffen uns so oft wie möglich mit Freunden zum Reden, Spaß haben und um gemeinsam finnische und nicht-finnische Rezepte auszuprobieren.
Elli hat sich nun endlich auch zum ersten Mal zu einem Saunaabend getraut und eingesehen, dass nicht ohne Grund auf 5000 Landeseinwohner 2000 Saunen kommen. Da jeder Finne eine Sauna zu Hause hat, sind auch die Wohnheime entsprechend ausgestattet. Um sich wie ein echter Finne zu fühlen, gehört das zweimal die Woche zum Programm. Und gesund ist es sowieso: Die Haut wird gereinigt, die Giftstoffe aus dem Körper geschwitzt und die wohlige Wärme hilft dabei, Stress abzubauen. Wir können jedem nur empfehlen, es einmal auszuprobieren. Das Saunieren im eigenen Haus werden wir auf jeden Fall vermissen, wenn wir wieder in Deutschland sind.
Ein weiterer Lichtblick war, als wir vor zwei Wochen unsere Eltern vom Flughafen abholen durften. Tatsächlich kamen sie genau zur gleichen Zeit (War nicht geplant, kein Scherz!) und wir haben viel gemeinsam unternommen. Neben Geschenken (wie warmen Klamotten, Reiseführern oder frischem fränkischen Brot für Elli und Amandas Lieblingsäpfeln) hatten sie vor allem eines im Gepäck: Heimatgefühle. Nachdem wir beide noch nie so lange von zu Hause weg waren, war es schön, sich mal wieder ein paar Tage als Kind und nicht als Erwachsener fühlen zu dürfen.
Während Elli mit ihrer Mama für zehn Tage ins Hotel gezogen ist, blieb Amanda im Wohnheim und kam morgens zum Frühstück zu ihren Eltern ins Hotel geradelt. Neben dem Erkunden der Stadt haben wir auch einige Ausflüge gemacht. Ganz oben auf der Liste stand natürlich, die Uni und unsere Wohnheime vorzuführen. Die Sehenswürdigkeiten in Oulu (Hafen, Markthalle, Dom) kamen bei unseren Besuchern richtig gut an.
Mit dem Mietwagen sind wir nach Ranua in Lappland gecruist und haben uns einen Wildpark mit Elchen, Bären und Vögeln angesehen. Schon auf dem Weg dorthin haben wir so viele Rentiere am Straßenrand entdeckt, dass wir sie gar nicht mehr zählen konnten. Amanda hat mit ihren Eltern außerdem noch Ausflüge nach Kemi (einer wunderschönen Hafenstadt), Rovaniemi (dem Zuhause vom Weihnachtsmann) und der Künstlerstadt Li gemacht.
Ganz nach dem Motto „Die spinnen die Finnen" (keine Beleidung und kein Scherz, das Buch gibt's wirklich und erzählt von Dieter Herman Schmitz Leben im hohen Norden) hat Amanda an einem wahllosen Freitag diese finnische Mentalität übernommen und sich ein Tattoo stechen lassen. Und das wird sie jetzt ihr Leben lang an die Zeit hier in Finnland erinnern, genauso wie die verrückte Halloweenparty. Halloween ist der Tag, auf den sie sich das ganze Jahr lang freut und damit steht sie den Finnen um nichts nach. Jedes Kaufhaus, sogar die Uni war in Kürbisorange geschmückt und es gab Halloween-Kuchen, Kostümpreise und Schreiwettbewerbe.
Um den Finnen und unseren Freunden aus Frankreich, Tschechien und Spanien auch ein bisschen etwas von Deutschland zu zeigen, haben wir beide vor kurzem einige Stunden am Herd verbracht und Käsespätzle gekocht. Natürlich selbergemacht, nach dem Bayerischen Kochbuch (das von unseren Freunden und Bekannten so gut wie jeder im Schrank stehen hat) und mit gaaaanz viel angebratenen Zwiebeln. Das Essen kam super an, zum Nachtisch gabs Silijas finnischen Blaubeerkuchen mit Vanilleeis und anschließend sind wir satt und glücklich in unsere Betten gerollt. Denn einer der Vorteile an einem Auslandssemester ist ganz klar, einen Einblick in andere Kulturen zu bekommen. Wir unterhalten uns viel über die verschiedenen Länder, wie sich das Studium, das Leben und die Mentalität dort von Deutschland unterscheidet und natürlich auch, wie dort gekocht wird. Für uns gab's schon echte französische Crêpes, portugiesischen Karottenkuchen und bald werden wir chinesisch bekocht, darauf freuen wir uns schon. Übrigens kennt man in Frankreich und China keine Toffifee. Also werden wir ab jetzt immer ein paar Päckchen zu unseren Freunden schicken 😉
Hier kommt übrigens das Rezept für den leckeren Blaubeerkuchen, falls ihn jemand nachbacken möchte:
Für den Teig:
200g Butter 170g Zucker 1 Teelöffel Vanillezucker 2 Eier 130g Weizenmehl 60g Vollkornmehl z.B. Graham-Mehl 40 g Haferflocken 2 Teelöffel Backpulver
Natürlich kann auch nur Weizenmehl verwendet werden, aber in Finnland ist es üblich, fürs Backen unterschiedliche Mehlsorten zu verwenden und wir konnten uns selbst überzeugen: es schmeckt besser!
Alle Zutaten vermischen und den Boden in eine Spring- oder Quiche-Form drücken und etwa 10 Minuten anbacken (200° C Ober-/Unterhitze).
Die Form herausnehmen, tiefgefrorene oder frische (Blau-)Beeren nach Belieben darauf verteilen. In einer extra Schüssel für das Topping einen Becher saure Sahne oder griechischen Joghurt (die Finnen nehmen kermaviili, das gibt's in Deutschland aber leider nicht) mit einem Ei und 40g Zucker schaumig schlagen und die Mischung über die Beeren gießen. Wer möchte, kann die doppelte Menge an Zutaten nehmen und erhält dann ein saftigeres Topping. Dann den Kuchen ca. eine weitere halbe Stunde fertig backen, vor dem Anschneiden ein wenig abkühlen lassen, aber wir empfehlen euch, den Kuchen unbedingt noch warm und mit frischem Vanilleeis zu genießen.
Im Moment verbringen wir die Tage (neben dem vielen Essen, hihi) mit Lernen und Essays schreiben, denn unsere Zeit in Finnland geht bald zu Ende und wir haben noch einiges an Arbeit vor uns. Nächste Woche kommt noch einmal Besuch aus Deutschland und dann geht es für eine Woche nach Vasatokka in Lappland und einen Tag nach Norwegen. Wer eine Vorstellung davon haben möchte, wie man sich bei ca. - 30° Celsius bis - 40° Celsius kleidet:
Dann heißt es auch schon wieder Koffer packen und zurück in die Heimat! So vieles, was wir hier kennengelernt haben, werden wir vermissen - die tolle Landschaft, die neu gewonnenen Freunde, die große Freiheit, die günstigen Handy-Tarife... Aber noch haben wir drei Woche Zeit, all das in vollen Zügen zu genießen. Bis dahin senden wir euch liebe Grüße, ein paar Schneeflocken und free hugs (die wurden gestern in der Uni angeboten) - Amanda und Elli