Robert Seethaler schreibt Bestseller über Lebensschicksale der Weltgeschichte. Kritiker werfen ihm Kitsch vor, Leser lieben ihn.
Elisa von Hof
Robert Seethaler sagt, dass er sich für keinen guten Redner halte, oft ins Stottern gerate. Vielleicht hat er deshalb das Schreiben gewählt, um sich der Welt mitzuteilen. Vielleicht stapelt er aber auch tief. Beim Interview widerlegt er sich sofort selbst: "Ich muss die Antworten erst suchen. Ich habe keine fertig präparierten Antwortziegel, aus denen ich mir ein intellektuelles Haus der Sicherheit baue." Merkwürdig gedrechselte Sätze wie diesen schält Seethaler, 53, ein fast zwei Meter großer Mann mit bedächtiger Stimme, aus sich heraus beim Treffen in einem Berliner Park. Egal ob er kokettiert: Sprache ist sein Handwerk. Und er beherrscht es gut.
Nach humorigen Coming-of-Age-Romanen gelang Seethaler 2012 der literarische Durchbruch mit "Der Trafikant". Der Roman über die Freundschaft eines Lehrlings zu Sigmund Freud im Wien der Dreißigerjahre hielt sich mehr als 70 Wochen lang auf der Bestsellerliste, ist mittlerweile Schullektüre.
Zwei Jahre später erschien "Ein ganzes Leben", das inzwischen als Taschenbuch in der 22. Auflage in den Buchhandlungen zu finden ist. Die Geschichte eines einfachen Mannes, der sein Leben und sein Glück in einem Dorf in den Alpen findet, brachte Seethaler eine Nominierung für den Man Booker International Prize ein. 2018 legte er den Erzählband "Das Feld" nach, in dem er Tote über ihr Leben berichten ließ. Kommende Woche soll sein neues Werk in den Regalen stehen, "Der letzte Satz", Bestsellerstatus ist vorprogrammiert...
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