Es war auf einer Veranstaltung des Deutschen Bundesjugendrings in Berlin, als Clara Föller zum ersten Mal von den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) hörte. „Damals war ich politisch noch heimatlos", erzählt die 29-Jährige. Schon lange hatte sie nach einer Möglichkeit gesucht, aktiv zu werden, mit einer Partei konnte sie sich jedoch nicht identifizieren.
Mit dem damaligen Bundesvorsitzenden Malte Steuber sprach Föller an diesem Abend lange über die Arbeit der JEF Deutschland, einer von 30 nationalen Sektionen der Jungen Europäischen Föderalisten. Die Ziele der Organisation: das Bewusstsein für Europa stärken und die Demokratie auf EU-Ebene vorantreiben. Föller war überzeugt. Zwei Monate nach dem Gespräch füllte sie einen Mitgliedsantrag aus - heute, knapp drei Jahre später, steht sie selbst an der Spitze des deutschen Verbands.
Aufgewachsen in Bad Homburg, verbrachte Föller nach dem Abitur ein Jahr in Italien und studierte anschließend Politikwissenschaften und Turkologie in Hamburg, Mainz, Frankfurt und Bologna. Ihre ersten Erinnerungen an das Konzept Europa stammen aus ihrer Kindheit. In den Sommerferien war sie oft zu einer Freundin nach Österreich gereist, deren Großeltern in Süddeutschland wohnten. „Ich habe damals nie verstanden, warum zwischen ihr und ihrer Familie eine Grenze war", sagt Föller.
Die Europäische Föderation als ZielAls Bundesvorsitzende will sie nun dafür sorgen, dass solche Grenzen an Bedeutung verlieren. „Europäischer Bundesstaat" heißt der langfristige Plan der JEF: ein vereintes, föderalistisches Europa mit einer gemeinsamen Verfassung, die die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt.
„Momentan ist die EU nicht demokratisch genug", sagt Föller. Durch die intransparenten und oft langsamen Prozesse ginge die Rückbindung an die Wählerinnen und Wähler verloren. Viele Ideen würden nicht weiterverfolgt und wichtige Entscheidungen von einzelnen Ländern blockiert.
Die Jungen Europäischen Föderalisten fordern deshalb ein Initiativrecht für das Europäische Parlament, das es den Abgeordneten ermöglichen würde, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen. Zudem möchten sie Europa „erlebbar machen" - unter anderem durch ein länderübergreifendes Mediennetzwerk und transnationale Listen bei der Europawahl.
Austausch mit politischen EntscheidernUm diese Ideen voranzutreiben, vernetzt sich Föller mit Akteuren und Akteurinnen der nationalen und europäischen Politik. Sie plant und moderiert Veranstaltungen, vertritt die Jungen Europäischen Föderalisten nach außen und arbeitet an Beschlüssen und Leitlinien für den Verband - rein ehrenamtlich. Ihr Geld verdient die 29-Jährige bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Während ihrer Zeit als Bundesvorsitzende hat sich Föller mit nahezu allen Bereichen der europäischen Politik beschäftigt. Besonders am Herzen liegt ihr jedoch die Situation an den EU-Außengrenzen. „Was im Bereich der Seenotrettung passiert, entspricht nicht meinem Bild eines humanitären Europas", sagt sie. „Da braucht es dringend Reformen."
Kann sie trotz aller Missstände überzeugte Europäerin sein? Clara Föller sagt ja. Kritik sei für sie nichts Negatives, sondern nur der Beweis dafür, dass man etwas verbessern möchte: „In einem demokratischen Europa, das von unten nach oben funktioniert, ist genau das unsere Aufgabe." Elisa Schwarze