Das Essen ist bestellt, die Friseurin weiß Bescheid, auf dem Standesamt haben sie die Dokumente geprüft, aber was Doris Linke jetzt beschäftigt, ist der Boden. "Keine Stöckelschuhe! Sagen Sie das Ihren Gästen!" Der rechte Zeigefinger der Hochzeitsplanerin deutet nach unten. Ganz Malcesine ist gepflastert, im Zickzack führen die Gassen steil zur Burg hinauf. Die falschen Schuhe könnten alles vermiesen. Einen Urlaubstag. Oder den Hochzeitstag.
Malcesine ist eines der beliebtesten Ziele am Gardasee, die alte Scaligerburg hat schon Goethe besucht, ihren Turm sieht man selbst vom anderen Ufer. Die Touristen kommen, um vom neuen zum alten Hafen zu schlendern oder mit der Seilbahn auf den Monte Baldo zu fahren. Und eben um zu heiraten. Das Standesamt bietet Trauungen auf der Burg an, mit Seeblick. Das lässt sich der Ort gut bezahlen: 600 Euro beträgt die Gebühr für Ausländer, Italiener zahlen 120 Euro. Dafür hoffen die deutschen Paare auf schönes Wetter, gutes Essen, tolle Fotos - eine ganz besondere Atmosphäre.
Und Doris Linke soll sie schaffen. Die Hochzeitsplanerin ist mit einem Paar aus Oberfranken unterwegs. Sie, 27, ist medizinische Fachangestellte, er, 30, beim Finanzamt. Die beiden haben eine eineinhalbjährige Tochter. Am 23. September wollen sie in Malcesine heiraten, hier auf der Burg hat er ihr vor einem Jahr auch den Antrag gemacht. Die kirchliche Trauung folgt nächsten Sommer in der Heimat, das ist hier schwierig, die italienischen Pfarrer machen nicht mit. Die standesamtlichen Hochzeiten in Malcesine und Torri del Benaco, dem anderen Hochzeits-Hotspot des Gardasees, dagegen: "Das geht wie das Brezelbacken", sagt Linke.
Menschen heiraten heute nicht mehr, weil ein Kind unterwegs ist oder weil Familie oder Glaube es verlangen. Ein paar trauen sich der Steuer wegen, gut. Aber wer sich noch ernsthaft ewige Treue schwört, tut das meist aus Überzeugung. Um die Liebe zu feiern. Und vor allem: um der eigenen Beziehung Bedeutung zu verleihen. Was könnte mehr Bedeutung bringen als ein möglichst ungewöhnlicher, romantischer Ort? Der Sehnsuchtsort Italien?
Doris Linke sorgt dafür, dass die Sehnsucht erfüllt wird. Ursprünglich kommt sie aus Norddeutschland, heute lebt sie in Bad Tölz, regelmäßig ist sie am Gardasee. Sie weiß, dass man neben dem Ausweis eine internationale Geburtsurkunde und ein Ehefähigkeitszeugnis braucht. Sie kennt Friseurin und Floristin, schlägt Lokale vor, vereinbart Termine und handelt Preise aus für Paare, die kein Italienisch sprechen.
Sie selbst fing erst für ihre Vermittlerrolle an, die Sprache zu lernen. Seit 1999 organisiert sie Hochzeiten, inzwischen nur noch in Italien. Ihre Kunden kommen aus ganz Deutschland, vor allem aus Bayern; die meisten kennen den Gardasee von vielen Urlauben. Linke ist, wenn man so will, für die Bedeutungsmaximierung zuständig. Damit alles so romantisch wird wie geplant, muss sie aber auf die profanen Dinge achten. Wie die Pflastersteine eben.
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