Die Menschen, die auf die Lebensmittelausgabe der Frankfurter Tafel angewiesen sind, bekommen die höheren Preise deutlich zu spüren.
Frankfurt - Sie steht gebeugt über drei gefüllten Einkaufstüten. Die Paprikas sind diesmal noch sehr frisch, der Basilikum ein bisschen welk. In der anderen Tüten befinden sich abgepackte Lebensmittel, ganz oben Joghurt mit süßem Topping. Die 51-Jährige sortiert ein bisschen hin und her, so dass sie die drei Tüten einigermaßen gut tragen kann.
Sie sei ein klassischer Fall, meint sie. Banklehre, Studium, Selbstständigkeit, Arbeiten bis zum Limit, Burn-out. Jetzt kann sie nicht mehr arbeiten, bekommt Erwerbsunfähigkeitsrente. „Am Ende des Monats bleibt nichts mehr übrig", sagt sie. Es reiche kaum für ein Einzelticket des Nahverkehrs.
Steigende Preise im Supermarkt: Reges Treiben bei der Frankfurter TafelUm sie herum packen noch weitere Menschen Lebensmittel aus Kisten in Einkaufstrolleys oder Taschen, andere reihen sich in die Schlange zur Ausgabe der Frankfurter Tafel. Es ist Donnerstagmittag im nördlichen Stadtteil Bonames. Im Innenhof der Kirche St. Lioba, einem roten Backsteinbau in der Mitte der Hochhaussiedlung Ben-Gurion-Ring, herrscht ein reges und gleichzeitig routiniertes Treiben. Hier gibt es das, was übrig bleibt, was die Supermärkte nicht mehr verkaufen können, was zu nahe am Verfallsdatum ist.
Dass die Preise im Supermarkt steigen, spüren die Menschen, die sich alle zwei Wochen hier Lebensmittel holen dürfen, aber auch die, die mithelfen. Petra Hassenteufel ist eine der ehrenamtlichen Helferinnen, sie sitzt auf der anderen Seite der Ausgabe. Um sie herum Kisten mit abgepackter Wurst, Äpfeln, Milchtüten, Kekspackungen. „Es ist in letzter Zeit weniger Ware gekommen. Das merken die Leute, wenn sie statt zehn Äpfeln nur noch fünf bekommen", sagt sie.
Heizung oder Lebensmittel: Schwieriges Leben für ärmere Menschen in FrankfurtDraußen auf einer Mauer sitzt eine Frau, neben ihr der Einkaufstrolley und eine Bekannte, die sich auf ihren Rollator gesetzt hat. Beide sind Anfang 70, alleinstehend, Rentnerinnen. „Klar merken wir, dass alles teurer wird. Ich mach die Heizung nicht mehr an. Stattdessen lauf ich mit meinem Hündchen um den Block, um mich aufzuwärmen", sagt die Frau mit dem Trolley. „Du musst doch im Winter die Heizung anmachen!", entgegnet die Frau auf dem Rollator. „Was soll ich denn machen? Mir nichts mehr zu essen kaufen?" Kurze Stille.
Sie ist nicht die Einzige, die versucht, an allen Ecken zu sparen. Eine andere Rentnerin macht das Licht nicht mehr an und sitzt lieber im Kerzenschein, um Strom zu sparen. „Wenn ich gut spare, dann bleiben mir vielleicht 100 Euro am Ende des Monats", sagt sie, „aber meinen Enkeln, denen kann ich nichts kaufen, das tut mir weh." Es stehen auch ein paar Familien in der Schlange mit ihren Kindern. Viele Menschen sprechen kaum Deutsch. Viele sind krank und können nicht mehr arbeiten. Viele sind alt und bekommen nur wenig Rente. Viele sind einsam. Die Frau auf dem Rollator zeigt ein Foto von ihrer Yorkshire-Terrier-Hündin auf dem Handy. „Sie ist vor zwei Wochen gestorben", sagt sie.
Für die Menschen, die zur Tafel kommen, wird es enger als sonst. Und das, was man sich dazukaufen kann, wird in diesen Tagen weniger. „Man möchte sich schon mal eine Tafel Schokolade oder ein Pralinchen gönnen. Oder mal ein Stück Fleisch aus der Frischetheke", sagt die Frau auf dem Rollator. Die 51-Jährige mit den drei Tüten würde lieber gesünder leben, auch weil sie krank ist. Sie zuckt mit den Schultern. Zurzeit gibt es keinen Platz für Wünsche. (Eileen Kelpe)