Transparenz war eines der Schlagworte, als das Zentralabitur vor drei Jahren eingeführt wurde. Wenn alle hessischen Abiturienten dieselben Aufgaben zu lösen hätten, so das Versprechen, dann würden die Leistungen der Schüler, aber auch der Schulen, vergleichbar. Umso erstaunlicher ist es, dass das Kultusministerium die Durchschnittsnoten der einzelnen Schulen nicht mehr veröffentlicht.
Bei der Premiere des Landesabiturs hatte das damals von der CDU geführte Ministerium noch Offenheit walten lassen. Im vergangenen und in diesem Jahr wurden Anfragen dieser Zeitung aber nicht mehr beantwortet. Grund ist nach Angaben aus dem Ministerium der Druck der Schulen, die Angst vor einem Ranking haben, also einer Rangliste, wie sie etwa für Universitäten geführt wird. Der Ruf von Bildungsstätten, die es ohnehin schwer hätten, könnte unter einer schlechten Plazierung leiden, heißt es.
Leistungen konstantDie meisten Frankfurter Schulen verfolgen allerdings eine liberalere Informationspolitik als Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP). In einer Umfrage dieser Zeitung gaben 17 Gymnasien, Oberstufengymnasien und Gesamtschulen ihre Notenschnitte preis (siehe Tabelle). An den 15 Schulen, die auch die Zahl der zum Abitur angetretenen Schüler nannten, haben 96,4 Prozent der Prüflinge bestanden. An fast allen Schulen wurde die Bestnote von 1,0 gleich mehrfach erreicht.
Im dritten Jahr nach Einführung des Landesabiturs sei die Leistung der Schüler bei den zentral gestellten schriftlichen Prüfungen und im restlichen Abitur generell konstant geblieben, teilten mehrere Schulleiter mit. Ulrich Racke, Studienleiter an der Schillerschule, sagte, er könne keine deutliche Veränderung der Durchschnittsnoten durch das Zentralabitur feststellen. „Wenn man bedenkt, dass der Anteil der Landesabiturprüfungen an der Gesamtqualifikation nur 16 Prozent ausmacht, ist dies verständlich."
Veröffentlichung von Einzelergebnissen mache zuviel AufwandRacke spricht einen Umstand an, der die Aussagekraft der Durchschnittsnoten stark relativiert. Denn auf die Gesamtnote beim Abitur haben die Ergebnisse der zentral, also einheitlich, gestellten schriftlichen Prüfungen nur einen geringen Einfluss. Weit wichtiger ist, wie viele Punkte die Schüler in den Kursen der letzten beiden Jahre erreicht haben. Außerdem kommen noch die Ergebnisse der mündlichen, nicht zentral gestellten Prüfungen hinzu. Von einer „Vereinheitlichung" des Abiturs kann also nur sehr eingeschränkt die Rede sein. Wie früher wird der Notenschnitt maßgeblich durch das Ermessen der Lehrer bestimmt.
Interessant wäre es nun, nicht nur die Gesamtnoten zu erfahren, sondern auch die Ergebnisse in den einheitlichen, also vergleichbaren Prüfungen. Doch über diese verfügen die meisten Schulen selbst nicht. Das liege daran, dass das System zur Berechnung der Statistiken eine solche Funktion nicht biete, sagen Manfred Eichenauer, Direktor der Ziehenschule, und Dagmar Straube, Studienleiterin der Oberstufe der Musterschule. Die Einzelergebnisse müssten extra berechnet werden - ein Aufwand, den die wenigsten betreiben wollen.
Schüler, die durch das Abitur fallen, tauchen in der Statistik nicht aufNur die Freie Christliche Schule und das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium konnten die Durchschnittswerte der schriftlichen Prüfungsfächer benennen. Sie liegen bei 10,1 respektive 9,9 Punkten, wobei zehn Punkte einer Zwei minus entsprechen. Dass die anderen Schulen die vergleichsweise geringe Mühe scheuen, den Notenschnitt in den zentral gestellten Aufgaben zu berechnen, verwundert - immerhin könnte das um subjektive Bewertungen bereinigte Abschneiden auch intern von Interesse sein.