Klein, aber fein: Der österreichische Verlag „Jung und Jung" veröffentlicht Bücher der deutschen Gegenwartsliteratur mit Schwerpunkt Österreich, aber auch Übersetzungen aus exotischen Sprachwelten und Zeiten. Das neueste Werk ist die Übersetzung eines Gedichtbandes von einem islamischen Mystiker, Ibn Arabi, der bei Salafisten als zu freizügig verschrien ist.
Ein Gespräch mit dem Gründer Jochen Jung über die Herausforderungen eines kleinen Verlags in einer Zeit, in der das Urteil zur VG-Wort-Ausschüttung kleine Verlage zerstört. Herr Jung, ist es Zufall, dass einige Autoren, die Sie verlegen, aus der arabischen Welt stammen, wie z.B. der syrische Autor Adonis? Wir interessieren uns für alle möglichen Sprachen. In Österreich und Deutschland werden diese Autoren immer noch gelesen. Ich weiß, dass es in deren Ursprungsländern häufig nicht so ist. Im Vergleich zu ihnen leben wir im Paradies. Aber die Leselust nimmt trotzdem ab. Woran merken Sie das? Kochbücher und Krimis boomen, die Nachfrage nach qualitativer Lyrik nimmt ab. Die Leute haben keine Zeit mehr, konsumieren Bücher anders. Würden Sie jungen Nachwuchsverlegern raten, in die Branche einzusteigen? Mir macht es bis heute großen Spaß. Mit Sprache zu arbeiten, mit ihr zu arbeiten, das ist für mich das Größte. Der unlustigere Teil ist es, die Bücher auch zu verkaufen. Leben kann man heute davon nicht mehr. Außer man verlegt - wie gesagt - Kochbücher oder Kriminalromane. Was ist denn die Stärke Ihres kleinen Verlags? Das Lektorat, würde ich sagen. Wir kümmern uns sehr um unsere Autoren und begleiten den Schreibprozess sehr sorgfältig. Es muss auch nicht immer ein bereits bekannter Autor sein, wir geben auch Anfängern eine Chance. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, ob Sie ein Buch verlegen oder nicht? Wir möchten schon eine Lücke füllen. Wenn ein Autor interessant ist, kann man meistens davon ausgehen, dass die Bücher auch eine Leserschaft finden. Wie kam die Zusammenarbeit mit Stefan Weidner zustande? Die Übersetzung der Gedichte des mittelalterlichen Liebesmystikers und Sufisten Ibn Arabi erscheint in einer Zeit, in der Islam und Liebe nicht die naheliegendste Kombination ist. Seit fast zehn Jahren haben Stefan Weidner und ich über das Buch gesprochen. Die Lyrik ist der Grund, warum ich Verleger geworden bin. Leider verlässt uns das Publikum. Das macht mich schon traurig. Gibt es Autoren, die Sie in Ihrem Leben inspiriert haben? Der Österreicher Peter Handke zum Beispiel. Wir haben viele Bücher von ihm verlegt. Heute lesen die Menschen Autoren wie Ronja von Rönne. Aber da fehlt häufig das literarische Niveau, finde ich. Bereuen Sie Ihre Entscheidung, im Jahr 2000 Ihren eigenen Verlag gegründet zu haben? Überhaupt nicht! Ich kann nichts anderes. Hat die Verlagswelt sich in den letzten Jahren durch die Digitalisierung stark verändert? Naja, die Umstellung auf Ebooks war für uns nicht schwieriger als für andere Verlage. Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist ein viel größeres Problem für uns als kleinen Verlag. #Anmerkung der Redaktion: Seit Jahrzehnten verdienen die Verlage an den Gewinnen ihrer Autoren mit. Ende April entschied der Bundesgerichtshof: Das Geld steht von nun an ausschließlich den Autoren zu. Die Millionen-Einnahmen aus der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort fallen somit weg.