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Die wunderbar erträgliche Leichtigkeit des Seins

© Carolyn Krüger

Sich schief und krumm lachen, herzhaft lachen, lächeln, schmunzeln, grinsen, prusten, brüllen vor Lachen, kichern, einen Lachanfall bekommen, alles ist erlaubt, es gibt kein richtig oder falsch beim Lachen, nur verletzendes Auslachen, hämisch über jemanden lachen, das ist nicht okay, denn „was kränkt macht krank." Hauptsache es wird grundlos gelacht und keine Sorge, so Hans Martin Bauer, Familientherapeut, therapeutischer Clown und Lachyoga-Trainer aus Stuttgart, todgelacht habe sich in seiner langjährigen therapeutischen Praxis noch niemand. Brigitte Kottwitz, seit 1999 zertifizierte Lachyogatrainerin und Leiterin einer der fünf LachClubs, die es in Frankfurt gibt (zwei im Nordend, einen in Preungesheim und zwei in Höchst), hatte ihn eingeladen, einen Workshop zu leiten.

„Lachen ist gesund", sagt der Volksmund und Lachyoga eine neue Gesundheitsbewegung. Norman Cousins, ein US-amerikanischer Journalist, litt an einer schweren, schmerzhaften Krankheit. Er wusste, dass negative Gemütszustände sich ungünstig auf den Krankheitsverlauf auswirken. Er schaute fröhliche Filme, las lustige Bücher und sorgte dafür, dass er täglich mindestens zehn Minuten am Stück intensiv lachte. Nicht nur subjektiv fühlte er sich nach seinen Lachkuren besser, tatsächlich sanken die Entzündungswerte in seinem Körper. Die Gelotologie, die Wissenschaft über die Wirkungen des Lachens, war geboren. Der indische Arzt und Yogalehrer Madan Kataria entwickelte schließlich die Methode des Lachyogas und gründete 1995 den ersten Lachclub in Indien.

In Frankfurt wird seit 1999 grundlos drauflos gelacht. In der Gruppe sein und Augenkontakt aufnehmen hilft, ins Lachen zu kommen. Eine Kombination aus Klatsch-, Dehn- und Atemübungen ist der rote Faden durch eine Gruppensitzung. „Das Klatschen mit gespreizten Fingern ist eine Akupressur, wobei man sich, während man beim Lachyoga in erster Linie aus Spaß klatscht, über diesen Hintergrund keine Gedanken macht", erklärt Kottwitz. Die Hand hat besonders viele Akupressur-Punkte und ist durch Meridiane direkt mit den Körperorganen verbunden. „Hoho-hahaha" schallt es durch den Saal, der Kreislauf wird mit Rufen und durch rhythmisches Klatschen in Schwung gebracht. Mit einer Dehn- und Tiefenatemübung (Pranayama) kommen alle wieder runter. Die Lachnummern zwischen diesen beiden Standard-Übungen sind Kür. In Hans Martin Bauers Übungsrepertoire gibt es jede Menge zwerchfellanregende Geschichten aus dem Ländle und viele alltagspraktische Ideen, gelassener durchs Leben zu gehen. Andere Lachyogatrainer machen das vielleicht ganz anders.

Um gesund zu bleiben, kann man z.B. auch vorbeugend lachen. Das ist wörtlich gemeint und der Workshop-Leiter beugt sich vor und lacht aus vollem Halse, dass man angesteckt ist und gar nicht anders kann, als mitlachen, selbst die noch schüchternen Newcomer schütteln sich. Aber meist seien ein paar Lachyoga-Stunden nötig, bis die Neuen das Denken ausschalten und sich nicht mehr fragen, ob es albern sei, was sie hier tun, so Brigitte Kottwitz.

Manche Menschen sind immer in Eile, haben nie Zeit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schauen auf eine gedachte Armbanduhr und lachen sich gesund, denn: „Wir kommen noch oft genug zu spät", also locker machen. „Lachen Sie über sich selbst, bevor es ein anderer tut." Jeder könne sein Glückspotenzial entdecken („Glück ist nicht eine Station, wo man ankommt, sondern eine Art zu reisen" (Margaret Lee Rumbeck)), „sorgen Sie gut für sich und lassen Sie sich nicht alles gefallen". Wenn man sich anschaut, wie andere Menschen gucken – beim Straßenbahnfahren oder wenn sie sich in ihrem Auto unbeobachtet wähnen, an der Supermarktkasse - die meisten Menschen haben kein Bewusstsein davon, wie sie gucken und was sie ausstrahlen. Eines Morgens stand die Autorin dieses Textes im Stau und schaute auf ein Paar im Auto, das Loriot-reif schaute. Ein amüsanter Einstieg in den Tag, ein wohlwollender Lacher, denn selbst schaut man schließlich auch nicht immer intelligent aus der Wäsche. Man stelle sich vor, mit einer roten Nase ins Büro zu kommen. Einfach so, an einem ganz gewöhnlichen Tag... Jeder der Anwesenden könne ein spannendes Buch über sein eigenes Leben schreiben, so Bauer. „Ich fordere Sie ausdrücklich auf, es zu tun". Das ist nicht das Privileg von Expertinnen und Experten oder Promis.

„Lachen ist die vornehmste Art, anderen die Zähne zu zeigen." Humorvolle Menschen können sich leichter selbst akzeptieren, weiß der Sozialpädagoge. Auch humorvolle Schlagfertigkeit kann man lernen. „Ich setze mich gerne auf reservierte Plätze in Zügen. Der Respekt in unserem Land vor reservierten Plätzen ist riesengroß!" Wenn dann der Platzbesitzer zur Beschwerde ansetzt, antwortet Bauer, er habe den Platz nur frei gehalten, damit sich auch ja kein anderer hinsetze. Viele lachen ja nur, wenn sie einen Grund haben. Unsere westliche Welt orientiert sich an Vernunft und Verstand. Doch: "Am vernünftigsten ist es, nicht allzu vernünftig zu sein." (Dr. Viktor Frankl, „Vater" der Humoranwendungen) Wie wäre es, bei der Nachbarin und dem Nachbarn zu klingeln und höflich nachzufragen: Brauchen Sie etwas zum Lachen? Auch wenn es Lebenssituationen gibt, in denen es tatsächlich nichts zum Lachen gibt, kann der Leicht-Sinn wohltuend wirken.

„Hüte dich vor allem, was es gibt!" Bauer empfiehlt, sich ein „Humorköfferle" zuzulegen, auf das man zurückgreifen kann, wenn man mal schlecht drauf ist. „Ich bin gern mit einem interessanten Menschen zusammen. Deshalb bin ich so gerne allein..." (Ernst Ell) Das Köfferchen kann bestehen aus Spruchkarten, fröhlicher Literatur, lustigen Bildern, humorvollen Filmen und anderem, was einer/einem persönlich gut tut. „Trauen Sie sich, laut zu singen, zu tanzen und zu lachen." Humorkiller sind die soziale Kontrolle, sich mit anderen zu vergleichen und ein überzogener Perfektionsanspruch. „Mög'n täten wir schon wollen aber dürfen haben wir uns nicht getraut" (Karl Valentin).

Albern sein, rumblödeln, das alles ist gesund. Wir können von den Kindern lernen. Jedoch: "Die meisten Menschen brauchen sehr lange, um jung zu werden." (Pablo Picasso) Aber: (frei nach Erich Kästner) „Wir können zwar nicht mehr so werden wie die Kinder, aber wir können dafür sorgen, dass sie nicht so werden wie wir". Als Eintrittskarte gab es eine gelbe Feder, überall sind Smilies und heitere Sprüche im altehrwürdigen Gethsemane-Gemeindesaal verteilt. Die mit Lachgas gefüllten Luftballons werden am Ende des Workshops versteigert. Wer einen sinnvollen oder sinnlosen Schmunzel-Spruch parat hatte, bekam einen. Hier ein paar spontan von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorgetragenen Lusthäppchen: „Aus dem Schornstein kommt der Rauch – soll er auch." Das Leben ist ein alter Brauch – ich tu es auch." „Durch die Wiese fließt der Bach. Ach." „Meine Oma sagte immer: ‚Wenn man alles aufgeräumt hat, kann man sterben'." „Aus der Rolle fallen, um aus der Falle zu rollen." „Darf ich Ihnen meine Frau vorstellen? Ach, stellen Sie sie lieber wieder weg." Lachen sei eine Lebenshaltung, so Hans Martin Bauer, und keine Religion. Lachyoga missionarisch verbreiten zu wollen, das lehne er strikt ab. Auch gebe es einfach Witze, über die er nicht lachen könne, beispielsweise sexistische, männer- oder frauenfeindliche Witze. Lachen kann man nicht erzwingen, Druck erzeugen und Lachen sind praktisch ein Widerspruch. Zur positiven Psychologie gehört auch, sich hin und wieder zu fragen, WER, also welche Menschen, die mich umgeben, tun mir gut und WAS tut mir gut?

Dies herauszufinden, kann sich jede und jeder auf den Weg machen. Lachyoga kann helfen, loszulassen, was belastet, Stress abzubauen und die eigene innere Ruhe zu finden. Weltweit gibt es über 6.000 LachClubs, wo und wann sie im reinMein-Gebiet stattfinden sowie Hintergründiges zum Thema bietet die von Carolyn Krüger betreute Internetplattform: www.lachclub.info. Hans Martin Bauer ist so frei, weder Internet noch Emailadresse zu besitzen. Am 6. Mai ist Weltlachtag. Wer mal ordentlich lachen möchte, trifft sich um 13 Uhr auf dem Frankfurter Römerberg. Punkt 14 Uhr deutscher Zeit wird gemeinsam für drei Minuten gelacht. Und zum Schluss noch einen von Karl Valentin: „Ich freue mich wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch!"

In diesem Sinne: Dörthe Krohn
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