Und wenn anstatt 40 satte 400 Zuhörerinnen und Zuhörer den Hafen 2 aufgeheizt hätten, ihre Kapuzenjacken mit den auf der Brust applizierten Stoffherzen und albern-theatralischen Blutstropfen hätten die MIMAS niemals ausgezogen. Soll doch der Schweiß laufen wie er will. Ob sie die Handarbeit selbst auf die modisch eher fragwürdigen Überzieher genäht haben? Ein bisschen angeschlagen wirkten die vier Jungs aus Dänemark, nachdem sie gestern von Berlin nach Offenbach gereist waren und zuvor einen Gig in Hamburg gehabt hatten. Heute sind sie wieder auf den Straßen, nun zwischen Offenbach und Göttingen. In Plauderlaune war das Quartett aber dennoch, erzählte beispielsweise vom vergangenen Auftritt im Hafen 2 vor einem Jahr und vom kleinen Tourbus namens „Satan", der auf dem Weg zu einem Konzert in Madrid seinen Geist aufgegeben hatte. Am 25. Juni 2009 muss das gewesen sein, denn - das ist die Pointe (oder soll sie sein) - wenige Stunden später starb Michael Jackson.
Mit allerlei Fragen und selbstironischen Bemerkungen versuchten die fröhlichen Postrocker aus Århus sich mit ihrem Publikum zu unterhalten. Das reagierte allerdings eher zurückhaltend, wippte aber umso netter zu den mitunter überraschenden Rhythmen. Die nicht perfekt funktionierende Technik unterstrich den zeitweise experimentellen Charakter der einzelnen Darbietungen. Den klaren Trompetenklängen von Snævar Njáll Albertsson konnte das Piepsen und Rauschen aus den Lautsprechern jedoch nichts anhaben. Geradezu romantisch starten manche Lieder, bis sich Gitarren, Schlagzeuge und Stimmen zu einem furiosen Drama in einem chaotischen Klangraum treffen – um gegebenenfalls zum Schluss noch einmal in sich zu kehren. Manche Songs bleiben durchgängig verträumt, stets anrührend in ihrer Originalität. „Rock, pop, indie or jazz - whatever pleases this furry kitten", steht auf einer der Internetseiten der MIMAS. Auch das Klatschen von Rhythmen oder melodiöses Rufen gehört zu ihren musikalischen Mitteln. Am liebsten hätten sie noch ein Piano, plaudern sie zwischen zwei Liedern.
2004 spielten die MIMAS zum ersten Mal zusammen. MIMAS - in der griechischen Mythologie ist Mimas ein Gigant, ein Sohn Gaias. Mimas ist aber auch ein Mond des Planeten Saturn, der jedoch nach Mimas dem Giganten benannt wurde. Mimas hat einen riesigen Krater und ist insgesamt sehr verkratert (nicht verkatert!). Aber zurück zu den gut gelaunten Dänen, die am liebsten über sich selber lachen. Neben Snævar Njáll Albertsson (Sänger, Gitarre, Trompete) gehören der liebenswerte „Gigant" Daniel Malling Beck (Gitarre, Glockenspiel), Gert Hoberg Jørgensen (Bass) und „Wicki" alias Lasse Dahl (Drums, Percussion). Ihre erstes Album „The Worries" brachten sie 2008 heraus. Das zweite Album der MIMAS heißt „Lifejackets". Hier unbedingt mal rein hören: http://mimas.bandcamp.com/album/lifejackets
In Frankfurt waren sie noch nie und von Offenbach kennen sie nur den Hafen 2. Die Vier konzentrieren sich eben auf das Wesentliche - ihre Musik und ihre Aufritte, ohne sich dabei übermäßig ernst zu nehmen. Mit Gelassenheit und Charme bringen sie ihre im Wortsinne merkwürdige Musik an Frau und Mann.
Text: Dörthe Krohn