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Elektroautos: Asiaten auf dem Sprung

"Weltmeister" versucht es in China mit einem deutschen Namen.

Alles wirkt gediegen. Dunkelgrau und Kupfer sind die dominierenden Farben im Byton Place. Der Showroom in der West Nanjing Road in Schanghai fügt sich nahtlos in die umliegenden Boutiquen und Einkaufszentren des teuren Stadtteils ein. Der Tesla Store ist ganz in der Nähe, und um die Ecke zeigt Nio seine Elektroautos ES 6 und ES 8. Es gibt auch einen Weltmeister-Showroom.

Das chinesische Startup nimmt eine Anleihe in der deutschen Sprache und nennt sich ganz unbescheiden Weltmeister. In seinem SUV EX5 findet man eine "Weimar Stereo Surround Sound"-Anlage. Deutsche Autobauer haben in China - noch - einen guten Ruf. Doch die hochwertigen Ausstellungsräume in Schanghai machen eins deutlich: Die Zukunft der Elektromobilität wird in China gestaltet.

Bei der Präsentation seines kleineren SUV ES 6 beeindruckte Nio die Zuschauer mit einer Batteriewechselstation. Das israelische Startup Better Place und Tesla hatten ebenfalls diese Idee, die aber niemals realisiert wurde.

Nio verbreitet eine Grafik, die 18 Tauschstationen entlang der 2.200 km langen Strecke von Shenzhen nach Peking und acht Stationen auf den 1.200 km von Schanghai in die Hauptstadt zeigt. Angeblich sind alle Stationen bereits in Betrieb. Aus der Ferne lässt sich das schwer überprüfen. Das Projekt wirkt überaus ambitioniert, denn für zwei Automodelle eines einzigen Herstellers die entsprechende Zahl Batterien an 26 Station vorzuhalten, ist teuer. Branchenbeobachter formulieren es hinter vorgehaltener Hand anders: ökonomischer Wahnsinn.


  Fabrik in 21 Monaten gebaut 


Aber Geld ist in China vorhanden. Bestes Beispiel ist Byton. Das Unternehmen hat in den ersten Finanzierungsrunden 700 Millionen US-Dollar eingesammelt. Was sie mit dem Geld machen, kann man nicht nur in Schanghai im Showroom sehen, von denen in diesem Jahr noch 30 weitere im Land eröffnen, sondern vor allem in Nanjing. Die Metropole mit 5,8 Millionen Einwohnern liegt 300 km von Schanghai entfernt und war bis 1949 Chinas Hauptstadt. In einem neuen Büropark befindet sich die Byton-Zentrale.

Unweit des Flusses Jangtse entsteht auf einem 800.000 Quadratmeter großen Grundstück die Fabrik. Die Prototypen-Fertigung arbeitet bereits seit April 2018. "Aktuell läuft die zweite Generation für NVH-Tests vom Band", sagt Bytons Pressesprecher Oliver Strohbach. Die Abkürzung steht für Noise, Vibration und Harshness. Die erste Generation musste in Crashtests dran glauben.


Arbeiter installieren in den großen Produktionshallen derzeit Maschinen und Roboter fürs Stanzen, Lackieren und Schweißen. Im Mai findet die offizielle Werkseinweihung statt. Im Juni feiert der serienreife SUV M-Byte seine Premiere auf der CES Asia in Schanghai. Bis Ende des Jahres ist die Serienfertigung in vollem Gange, so dass noch 2019 erste Fahrzeuge in China an Kunden ausgeliefert werden. Wenn das alles so klappt, haben die Chinesen innerhalb von 21 Monaten eine Autofabrik aus dem Boden gestampft, die auf 300.000 Autos pro Jahr ausgelegt ist. Auf bis zu eine halben Million Fahrzeuge pro Jahr ließe sich das Werk erweitern.

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